Das Reine hat eine Härte, die schwer zu ertragen ist, weil der Mensch ansich unrein ist.
Reinheit= Monotonie ? reines Glück unerträglich, reines Pech tödlich.
*
Trage deine Welten im Brautschleier zu Grabe , ohne sie ein weiteres Mal zu ficken,
Sei die namenlose Dunkelheit zwischen deinen verglimmenden Sternen, sagte der weise Mond zu dem Nachtschwärmer.
Der Schwärmer erwiderte: „Nachtschwärmer ändern nichts an ihren Gewohnheiten.“ und so flog er in sein Verderben… aber er flog und war frei.
Schwärmer fühlen sich angezogen von anderen Schwärmern, die es begriffen haben dem tristen Dasein einer Raupe zu entfliehen.
(PA+Schweßinger)
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I’m the one who ruined me; I did it myself. (Haruki Murakami)
I exist. It is soft, so soft, so slow. And light: it seems as though it suspends in the air. It moves. (Jean-Paul Sartre)
There had been too much emotion, too much damage, too much everything.
(Hemingway)
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Fragile distance…
And if we bite each other, the pain is sweet, and if we drown in a short and terrible surge of breath, that instant death is beauty.
„Gefährten sucht der Schaffende, und Miterntende: denn alles steht bei ihm reif zur Ernte.
Aber ihm fehlen die hundert Sicheln: so rauft er Ähren aus und ist ärgerlich.
Gefährten sucht der Schaffende, und solche, die ihre Sicheln zu wetzen wissen.
Vernichter wird man sie heißen und Verächter des Guten und Bösen. Aber die Erntenden sind es und die Feiernden.
Mitschaffende sucht Zarathustra, Miterntende und Mitfeiernde sucht Zarathustra:
was hat er mit Herden und Hirten und Leichnamen zu schaffen!
Und du, mein erster Gefährte, gehab dich wohl! Gut begrub ich dich in deinem hohlen Baume, gut barg ich dich vor den Wölfen.
Aber ich scheide von dir, die Zeit ist um.
Zwischen Morgenröte und Morgenröte kam mir eine neue Wahrheit.
Nicht Hirt soll ich sein, nicht Totengräber. Nicht reden einmal will ich wieder mit dem Volke;
zum letzten Male sprach ich zu einem Toten.
Den Schaffenden, den Erntenden, den Feiernden will ich mich zugesellen: den Regenbogen will ich ihnen zeigen und alle die Treppen des Übermenschen.
Den Einsiedlern werde ich mein Lied singen und den Zweisiedlern; und wer noch Ohren hat für Unerhörtes, dem will ich sein Herz schwer machen mit meinem Glücke.
Zu meinem Ziele will ich, ich gehe meinen Gang; über die Zögernden und Saumseligen werde ich hinwegspringen. Also sei mein Gang ihr Untergang!“
„Ihr habt den Weg vom Wurme zum Menschen gemacht, und vieles ist in euch noch Wurm.
Einst wart ihr Affen, und auch jetzt noch ist der Mensch mehr Affe, als irgendein Affe.“
Erkunden wollen sie, ob Zarathustra noch lebe. Wahrlich, lebe ich noch?
Gefährlicher fand ich’s unter Menschen als unter Tieren, gefährliche Wege geht Zarathustra. Mögen mich meine Tiere führen!
Als Zarathustra dies gesagt hatte, gedachte er der Worte des Heiligen im Walde,
seufzte und sprach also zu seinem Herzen:
Möchte ich klüger sein! Möchte ich klug von Grund aus sein, gleich meiner Schlange!
Aber Unmögliches bitte ich da: so bitte ich denn meinen Stolz, daß er immer mit meiner Klugheit gehe!
Und wenn mich einst meine Klugheit verläßt – ach, sie liebt es, davonzufliegen! – möge mein Stolz dann noch mit meiner Torheit fliegen!
Ich sage euch: man muß noch Chaos in sich haben, um einen tanzenden Stern gebären zu können.
»Was ist Liebe? Was ist Schöpfung? Was ist Sehnsucht? Was ist Stern?«
(Nietzsche)
***
„Klug fragen können ist die halbe Weisheit.“ (Bacon)
–>Klugheit = Weisheit? Oder Klugheit wird Weisheit? Weisheit bedeutet klug zu sein?
Nein. Weisheit ist etwas anderes. Es gibt noch die Intuition, die Eingebung.
meine Worte zum Tag: Von innen bin ich schwarz weiß, doch was ich sehe trägt viele Farben.
Die meisten Menschen jedoch sind innen rosa und sehen nur schwarz/weiß.
***
„Absolute Sicherheit heißt absolute Unfreiheit. Absolute Freiheit heißt absolute Unsicherheit.
Die liberale Position: die richtige Mitte. Und im Konflikte zwischen Sicherheit und Freiheit:
in dubio pro libertate. Im Zweifel für die Freiheit.“(Maihofer)
„Alles, was wir lesen, sagt uns immer nur so viel, als wir schon selber wissen, denn über alles,
wofür wir noch nicht reif sind, lesen wir hinweg, auch beim besten Willen:
Bücher können uns eigentlich nur Hebammen sein.“ ―Hermann Bahr
„Vertrauen und Achtung, das sind die beiden unzertrennlichen Grundpfeiler der Liebe,
ohne welche sie nicht bestehen kann, denn ohne Achtung hat die Liebe keinen Wert und ohne
Vertrauen keine Freude.“ ―Heinrich von Kleist
Die Geister scheiden sich ab hier und jetzt.
Meine Gedankengänge sind und bleiben komplex…
*
Ich brauche keine Bequemlichkeiten.
Ich will Gott, ich will Poesie, ich will wirkliche Gefahren und Freiheit und Tugend.
Ich will Sünde. (Aldous Huxley)
*
den äußeren Raum verkleinern und den inneren Raum vergrößern! (P.A.)
*
„Diane hatte recht, die Zeiten hatten sich geändert. Die Musik hatte sich geändert,
die Drogen hatten sich geändert, sogar die Männer und Frauen hatten sich geändert.
In tausend Jahren gibt es keine Männer und Frauen mehr, sondern bloß noch Wichser …“
(Trainspotting)
Freunde sind die reine Zeitverschwendung. Dauernd versuchen sie einen auf ihr Niveau
sozialer und sexueller Mittelmäßigkeit hinabzuziehen. (Trainspotting)
Sitting here on top of the world
Ive got everything I ever need form this world
Oh, tonight
I got it right
Just one time
Cruising down the Sunset Strip
And there is nothing thats not
Thats not within my grip
But tonight I can fly
I can fly, yeah
Look at me for the very last time
Ive climbed so high
Ive got no place left to climb
Man, I know no tomorrow
Oh, rock star, pop star
Everybody dies
All tomorrows parties
They have happened tonight
And I know that I wont see tomorrow
I came here from a dirty, dark street
There was no one there to protect me
To make the nightmares go away
It has to sparkle It has to shine So hollow
Look at me for the very last time
Ive climbed so high
Ive got no place left to climb
Man I know no tomorrow
Take all these stupid pills away
Flying down the Boulevard
Im coming down so fast
Im coming down so hard
And the doctor said
I cant stop all those voices in your head
And I dont sleep I never dream
And to shut them up
Now I just keep screaming
I run away, its the last time
Ive got voices screaming in my head
Are you jerking off in your bed?
Its not punk, its not cool
Its not even boring
Its a real life they tried to steal my soul
I got pills when Im famous
I got pills when youre old
I got pills ‚coz Im blonde
I got pills ‚coz youre dead
I got pills ‚coz I am the worst and best dressed
I got pills ‚coz I feel more than 21
I got pills ‚coz I know baby youre not the one
I got pills for my coochie ‚coz baby Im sore
I got pills ‚coz youre fat
I got pills ‚coz Im bored
Oh, tonight I got it right
Just one time (Courtney Love)
Between what is said and not meant, and what is meant and not said, most of love is lost. (Khalil Gibran)
*
Frustrated? Yes. Why? Because it is impossible for me to be God -or the universal woman-and-man- or anything much.
I am what I feel and think and do. I want to express my being as fully as I can because I somewhere picked up the idea that
I could justify my being alive that way. But if I am to express what I am, I must have a standard of life,
a jumping off place, a technique – to make arbitrary and temporary organization of my own personal and pathetic little chaos.
I am just beginning to realize how false and provincial that standard, or jumping off place, must be.
That is what is so hard for me to face. (Sylvia Plath)
…
dive deep into the woods
in the hands of nature you find yourself!
in the arms of your parents you find the inner child
with deadly ears and broken wings…
(P.A. August2014)
meine Worte zum Tag: 15min berühmt, Helden für einen Tag…der Mensch als Eintagsfliege… !
Wie mans nimmt, ist man als Mensch nicht viel mehr als eine Eintagsfliege.
ein verdammtes kleines Insekt! Heute wichtig, morgen nichtig!
Genauso zäh vor sich hin kriechend, erst weg wenn der Kopf ab ist.
Mit einem zu großen Gehirn gefangen im Lampenschirm. In dem wir immer wieder enden,
nachdem der Wunsch des Fliegens zum Licht mal wieder gescheitert ist.
Nicht jede gewonnene Erkenntnis bringt auch Weisheit mit sich.
Summend…summiert…addiert…wieder subtrahiert… exekutiert…ergo sum!
Sprache wird zu Summen… Summiertes Schweigen einer schnell lebenden Wegwerfgesellschaft.
Weggeworfen aber nicht zum Tode verurteilt.
***
Wir sind nicht die die immer nur verballert feiern,
wir sind auch die die mehr vom Leben wollen…
wir sind unzufrieden, bilden uns und bleiben radikal, haben zu große Pläne…
rate mal … (Egotronic)
Pro Substanz! das einzige gegen diese ganze Ignoranz!!!
und manchmal… Hitzewallungen, depressive Stimmung, Müdigkeit…Der Magen zieht sich zusammen…
spontaner Antrieb, Anregbarkeit, Aktivität,Stimmung, gemütsmässige Reaktion–> Eitelgeschwür?
Eine angespannte hektische Stimmung…Verwirrtheit–> Perforiertes Geschwür und manchmal ist das Richtige nur einen Anruf entfernt…
Oh ja, ich war schon arm
Und war schon reich
Dachte alles ändert sich
Das meiste blieb gleich
Ich wollte das Spotlight
Und wollte den Fame
Dann hat ich ihn und wünschte
Mich würd keiner erkenn‘
Ich war schon oben
Und war schon unten
Hab überall mein Glück gesucht
Und nirgens gefunden
Und hab gelernt
Egal was ich hab, es ist nie das, was ich will
Und ich wollte immer so viele Optionen
sprich Möglichkeiten
Aber als sie dann da waren
Fiels so schwer mich zu entscheiden
Wieso denn nur dieses oder jenes?
Ich wollt‘ eigentlich n‘ bisschen von beidem
Doch scheinbar geht das nicht
Und genau davon rede ich:
Denn manchmal ist es schwer
Und manchmal auch leicht
Und manchmal musst du warten
Manchmal krichst dus auch gleich
Und manchmal bekommst dus
Doch willst es nicht mehr
Denn du jagst schon dem nächsten schönen Traum hinterher
(Samy Deluxe)
***
Der Mensch ist ein Blinder, der vom Sehen träumt.
(Friedrich Hebbel)
***
Was man feine Menschenkenntnis nennt, ist meistens nichts als Reflexion, Zurückstrahlung
eigener Schwachheiten von anderen.
(Georg Christoph Lichtenberg)
*** Arbeit, Plage, Mühe und Not ist allerdings ihr ganzes Leben hindurch das Los fast aller Menschen.
Aber wenn alle Wünsche, kaum entstanden, schon erfüllt wären; womit sollte dann das menschliche Leben ausgefüllt,
womit die Zeit zugebracht werden? Man versetze dies Geschlecht in ein Schlaraffenland, wo alles selbst wüchse und die Tauben gebraten
herumflögen, auch jeder seine Heißgeliebte alsbald fände und ohne Schwierigkeit erhielte. – Da werden die Menschen zum
Teil vor Langeweile sterben oder sich aufhängen, zum Teil aber einander bekriegen, würgen und morden und so sich mehr Leid
verursachen, als jetzt die Natur ihnen auferlegt. – Also für ein solches Geschlecht paßt kein anderer Schauplatz, keine anderes Dasein.
(Arthur Schopenhauer)
***
Ein Mensch ist so stark, wie er lustig sein kann.
(Carl Ludwig Schleich)
***
Dein Kerker bist du selbst
Die Welt, die hält dich nicht, du selber bist die Welt,
die dich in dir mit dir so stark gefangenhält.
Die Unruh‘ kommt von dir
Nichts ist, das dich bewegt, du selber bist das Rad,
das aus sich selbsten läuft und keine Ruhe hat.
(Friedrich von Spee)
***
Ich möchte zu Ehren der Menschheit gerne glauben, daß der Erdball mit unzähligen Menschen bevölkert
ist und sein wird, die Gutes tun. […] Setze ich die Menschen mit dem unermeßlichen Raum über
ihren Köpfen und unter ihren Füßen ins Verhältnis und mache auf diese Weise Ameisen aus ihnen,
die auf einem Hügel hin und her laufen, so scheint es mir, als verkleinerten sich ihre Tugenden
und Laster in derselben Proportion und schrumpften zu einem Nichts zusammen.
(Denis Diderot)
***
Der Mensch besteht aus zwei Teilen: einer wacht in der Dunkelheit, und der andere schläft im Licht.
(Khalil Gibran)
***
Der Mensch allein widerstrebt der Richtung der Gravitation: er möchte beständig nach oben – fallen.
(Friedrich Nietzsche)
***
Wer die Krankheit hat, keine Ungerechtigkeiten ertragen zu können, darf nicht zum Fenster hinaussehen
und muß die Stubentür zuschließen. Vielleicht tut er auch wohl, wenn er den Spiegel wegnimmt.
(Johann Gottfried Seume)
Foto: Anna C.-Photography Bearb./Styling/Make up: von mir
Die Engländerin Mary Lamb, die ihre kranken Eltern zeitweilig durch Näharbeiten allein ernährte, brachte 1796 in
einem jähen Anfall ihre Mutter mit dem Küchenmesser um. Die unbescholtene 31-Jährige kam sofort in die Psychiatrie.
Zufällig erlaubten es die Gesetze in jenem Jahr, Internierte nach Abklingen ihrer Psychose mit einer „lebenslangen
persönlichen Bürgschaft“ nach Haus zu entlassen. Marys jüngerer Bruder Charles übernahm diese Bürgschaft. 30 Jahre
lebten die beiden als geachtete, produktive Literaten in London zusammen:
Ihre Nacherzählungen der Shakespeare-Stücke werden noch heute gern gelesen. Immer wenn Mary einen neuen Anfall
von Manie nahen spürte – die sehr zurückgenommene Frau wurde dann redselig, witzig, brillant -,
ließ sie sich von ihrem Bruder in die Psychiatrie bringen, ebenso zu Beginn einer Depression. Auf Reisen
führte sie vorsorglich ihre Zwangsjacke mit sich.
Beispiele Kreativer:
* Lucia Joyce, begabte Ausdruckstänzerin, wegen wiederkehrender Tobsuchtsanfälle über 40 Jahre in der Anstalt;
* Martin Kippenberger, der hyperaktive, einfallsreiche Maler und Objektkünstler, der sich zu Tode trank,
bekannt durch den „Gekreuzigten Frosch“ oder die „Betrunkene Laterne“;
* Martha (Mete) Fontane, jene lustig-manische „Corinna“ in Theodor Fontanes Roman “
Frau Jenny Treibel“, die sich nach langen Jahren der Depression umbrachte;
* das Schriftsteller-Ehepaar Elias und Veza Canetti, dessen Briefwechsel mit Elias‘ Bruder Georges
zum ersten Mal zeigte, in welchem Stimmungstollhaus die beiden saßen: Veza hielt sich selbst für eine “
Melancholikerin, aber mit sehr manischen Zeiten“, fürchtete Elias‘ wiederkehrende manische Anfälle,
seine Lügengeschichten und Panikattacken; Elias wiederum war von Vezas Stimmungstiefs und Selbstmorddrohungen
stark beunruhigt.
–>In diesem Herbst kommen neue Biografien hinzu,
mehrere über Heinrich von Kleist und eine über den „Moby-Dick“-Autor Herman Melville.
Über Melville schreibt sein Biograf Andrew Delbanco:
„Seinen Glücksmomenten folgten jedoch häufig Depressionen …
Das Phänomen der manischen Depression war bei neoklassischen und romantischen Schriftstellern weitverbreitet …
Genies scheinen solchen Stimmungsumschwüngen in besonderem Maß unterworfen zu sein …“
Dies gilt auch für Kleist.
Was Depressionen sind, glauben wir zu wissen. Was aber ist Manie?
War Lucia Joyce manisch, als sie 24-jährig einen Stuhl nach ihrer Mutter schleuderte?
War sie manisch, als sie vor Liebesenttäuschung drei Tage lang reglos im Stupor auf der Couch lag?
Als sie ihrem Vater mehrfach das Telefonkabel durchschnitt, weil sie „früher berühmt werden“ wollte als er?
Als sie mit Schellackplatten, die ihr nicht gehörten, Diskuswerfen am Strand spielte und anschließend
auf einem Teppich, der ihr auch nicht gehörte, ein romantisches Torffeuer entzündete?
Oder ist Manie blanker Furor, jene kreative Wut, mit der Herman Melville seinen hasserfüllten Kapitän Ahab
entwickelte, totalitär, vernichtungssüchtig – das große Thema des 20. und des 21. Jahrhunderts,
wie Biograf Delbanco schreibt? Ein Furor, der dazu führte, dass nicht nur Moby Dick,
sondern auch Familie Melville des Lebens nicht mehr froh wurde:
Gattin Lizzie wollte ihren jähzornigen Ehemann mehr als einmal verlassen,
Sohn Malcolm brachte sich mit 18 Jahren um.
Ist Manie vielleicht –
wie bei Elias Canetti – der Drang, einen intensiven Bann über Menschen zu werfen,
tyrannisch, dogmatisch, erotisch, selbstbesessen? Oder ist es die Unart, wie bei Martin Kippenberger,
einem Gegenüber Beleidigungen an den Kopf zu werfen, um dann in nächtlichen Telefonaten der großen Einsamkeit
entfliehen zu wollen? Ist Manie der exorbitante Appetit, der Sylvia Plath und Melville nachgesagt wurde,
oder eher der große Durst?
Nehmen Maniker nur deshalb Stimulanzien, um ihre körpereigenen Highs zu verlängern,
beziehungsweise wieder zu erzeugen, wenn sie fehlen?
Was passiert, wenn zwei Maniker aufeinandertreffen?
Finden sie einander interessant? Oder abstoßend? Weinen sie vor Glück, ihresgleichen gefunden zu haben,
wie Melville bei Nathaniel Hawthorne, seinem vermeintlich Seelenverwandten?
Wie Kleist bei Henriette Vogel, über die er schreibt: „Eine Freundin … deren Seele wie ein junger Adler fliegt,
wie ich noch in meinem Leben nichts Ähnliches gefunden habe;
die meine Traurigkeit als eine höhere, festgewurzelte und unheilbare begreift“?
All dies sind Ausdrucksformen einer Erkrankung, die früher den diskriminierenden Namen „manischdepressives Irresein“ trug.
Heute heißt sie, medizinisch neutral, „Bipolare Störung“. Im angelsächsischen Sprachraum ist sie so bekannt wie die Geschichte der Mary Lamb,
wie das Leiden des romantischen Dichters Lord Byron, wie die Krankheit, die Ernest Hemingway in den Selbstmord trieb,
und Virginia Woolf, und Sylvia Plath. Hellsichtig hatte Plath 1958 über sich notiert, ihr Leben werde
„auf magische Weise von zwei elektrischen Strömen geführt, freudig-positiv der eine, verzweifelnd negativ der andere –
und derjenige, der gerade die Oberhand hat, dominiert mein Leben völlig“.
Es geht um ein Phänomen, das unabhängig von Epoche und Geschlecht Menschen befällt,
erbliche Disposition meist vorausgesetzt, ihnen auf der einen Seite begeisternde Manien beschert,
auf der anderen tiefe Depressionen. Oder die gefürchteten „mixed states“, die Gemischten Zustände, bei denen sich eine
„gereizte Manie“ oder eine „agitierte Depression“ zu Zornausbrüchen und zu Gewalttätigkeit gegen sich selbst und andere auswachsen kann.
Die Störung tritt in verschiedenen Schweregraden auf, als mehr oder weniger erträgliches Temperament
bis hin zur wiederkehrenden Psychose mit Sinnestäuschungen aller Art. Sie hat offenbar ein transpersonales Element
(Übertreibung, Zorn, Enthemmung), verstärkt aber auch die jeweils vorhandenen individuellen Züge,
bringt wie ein riesiger Dimmschalter all das zum Glühen und Explodieren, was jeweils schon ausgeprägt ist,
oder reduziert es in der Depression auf Beinahe-Null.
– Es ist die Krankheit der Kreativen.
Bipolare können die meiste Zeit ihres Lebens vollkommen normal sein. Ihre Luzidität bleibt sogar während ihrer Schübe erhalten,
was die Diagnose so schwierig macht. Aber auf dem Höhepunkt dieser Schübe, in denen sie wie ferngesteuert handeln,
sind sie verwirrt, gemütskrank, verrückt.
Ob die Bipolare Störung kreativ macht oder ein vorhandenes großes Talent zum Blühen bringt…
manchmal überaus rational, dann wieder schwärmerisch, mal heftig aufbrausend,
dann wieder sanft und gut.
Sie kann jedenfalls erheblich mehr sein als nur eine leichte Macke.
(Von Mulot, Sibylle)
Das Jahr 2013 ging als internationales David-Bowie-Jahr in die Geschichte ein.
Da war es plötzlich wieder da, das letzte lebende Mysterium der Popkultur. Zehn Jahre nach „Reality“,
was ein verwirrender Titel für ein David-Bowie-Album war. Und was sich bei der abschließenden Welttournee
als Wirklichkeit erwies, hatte mit Bowies großzügiger Vorstellung von Wirklichkeit auch schon nichts mehr zu tun.
In seinem letzten Interview erklärte Bowie:
„Ich habe die Nase voll von dieser Industrie –und das nicht erst seit heute.
All meine Figuren haben ihren Zweck erfüllt. Jetzt können sie in Rente gehen.“
Er verschwand nie ganz und gar, er tauchte immer wieder auf als öffentlicher Geist. Er trat mit Bands und Musikern auf,
die er mochte und für würdig hielt, ihn zu beerben, um die Popmusik neu zu erfinden, so wie er es in den Sechzigern getan hatte.
Er war der Erste!!! Er brachte den Glam zum Punk!
Bowie beeinflusste alle und lässt sich dafür von allen, die er beeinflusst hat, wieder beeinflussen…
Es gab eine große Ausstellung in London mit dem Titel „Bowie is“. Wer David Bowie ist und wer er war,
sollte sein Fummel zeigen und erklären. Eine lebende Gestalt aus Stanley Kubricks Film „A Clockwork Orange“
und ein Stellvertreter Oscar Wildes auf Erden. Einer, der gern liest, George Orwell, Christa Wolf und Comics.
Die Retrospektive – sie kommt nun 2014 nach Berlin –
Als das Londoner Museum David Bowie um seine private Sammlung bat,
soll er gesagt haben: „Macht, was ihr wollt damit.“
–>Ich werde mir die Ausstellung natürlich nicht entgehen lassen;-)
*
Wer mit Bowie nix anfangen kann, wird sich sicher denken:
„Was soll dieser Hype um ein dürres Wesen zwischen Mann und Frau,
mit schrägen Kostümen und schiefen Zähnen…“
Dann solle derjenige sich auf jeden Fall diese tolle Doku anschauen:
Im Gespräch mit Bowie und anhand von Archivaufnahmen aus fünf Jahrzehnten kristallisiert
sich eine ständig im Wandel begriffene Persönlichkeit heraus.
„Dr. Bowie & Mr. Jones“ zeichnet ein sehr persönliches Porträt Bowies:
„In meiner Familie war Selbstmord durchaus üblich. Meine Todessprünge sind eher metaphysischer Art:
Ich springe einfach ins Leere, ohne mich vorher zu vergewissern“, sagte er einmal.
Weitere Themen sind seine Bisexualität, zu der er sich bekennt, die Drogen, die ihn seine so genannte „Schizophrenie“
vergessen ließen und ihn fast zerstörten und schließlich die Malerei, der Film und das Theater,
durch die sich seine Fantasie vielgestaltig äußert.
Er gründete Bands und reiste mit Theatergruppen durch die britischen Provinzen. Er nahm selbst geschriebene Songs auf,
zwischen Schlager, Folk und Psychedelic.
Ende der Sechzigerjahre, als die Amerikaner die Appollo-Flüge starteten und Stanley Kubricks Film
„2001: A Space Odyssee“ ins Kino kam, veröffentlichte Bowie seine „Space Oddity“.
Darin war der ganze Bowie bereits angelegt. Der große Renaissancesänger der Sechziger.
Die Siebziger waren die Zeit der künstlerischen Ausführung, der Masken und der Mythen…Ziggy Stardust…
Eines seiner Augen starrt einen durch eine permanent geweitete Pupille an. Und seine Stimme sagt:
„Ich bin kein Rockstar. Ich bin Sammler. Ich sammle Persönlichkeiten und Ideen.“
Es geht um den Rock ’n‘ Roll nicht als Musik, sondern als Medium. Um die Kunstfigur als Katalysator.
Dann singt David Bowie „Changes“. „Bowie ist wie ein Lego-Baukasten…
Heute sieht sich Bowie als innerlich zur Ruhe gekommener,
gereifter Künstler, der zu vielem einen gewissen Abstand hat.
–> Mit tiefer Ehrfurcht verneige ich mich vor diesem Mann.
Der es über einen so langen Zeitraum geschafft hat,
sich immer wieder neu zu erfinden und daraus Kunst zu machen, ohne gänzlich zu zerbrechen.
Die Bandbreite seines Wirkens ist so enorm… man darf neben der Musik nicht sein Wirken im Film und Theater
vergessen: z.B.: Der Elefantenmensch, Die Reise ins Labyrinth oder Der Mann, der vom Himmel fiel…
Für mich bleibt Bowie der größte und kreativste Rockstar aller Zeiten!!!
…der mich erinnert, wo ich her komme und wo ich hin will, wenn ich meinen Weg verloren habe…