Jahresrückblick 2023

Zum Ende des Jahres nehme ich mir immer Zeit für ein kleines Ritual, meinen persönlichen Jahresrückblick.

Danach kann das Jahr in Ruhe ausklingen. In diesem Jahr will nicht so richtig Ruhe einkehren. Leider sind noch einige Dinge ungeklärt, doch ich setze alles daran, auch dies noch zum erfolgreichen Abschluß zu bringen.
Wo soll ich anfangen… ein unglaubliches Jahr liegt hinter mir. Es stand ganz im Zeichen der Pferde und des Reitens. Meine Namibia- Reise im letzten Jahr hat da wirklich viel angestoßen und los getreten.

Rückblickend waren die einzelnen Ereignisse eine Lektion die mich auf das nächste Ereignis / Level vorbereiten sollte. Meine Reitbeteiligung Trudy habe ich zum Ende Januar verlassen und bin zu Else nach Taucha gewechselt. Kurz zusammengefasst: Trudy= liebes älteres Pferd, macht Spaß ins Gelände zu reiten, springt gern über kleine Baumstämme, reines Freizeitpferd. Strecke nach Görenz kurz und einfach. D.h. ich konnte das Auto fahren vertiefen und darin sicherer werden. Habe mir eine city flitzer Mitgliedschaft genommen.
Nach dem Wechsel zu Else musste ich weiter fahren und die Strecke war auch anspruchsvoller. Da war es sehr gut, dass ich vorher üben konnte. Auch Else war anspruchsvoller. Else= Trakehner Stute mit ihrem eigenen Sturkopf, nicht so einfach zu reiten, aber top ausgebildet. Möglichkeit auf Lehrgänge und Turniere.
Schon im März hatte ich die Möglichkeit mich zum Reitabzeichen -Lehrgang für das RA5 anzumelden und den Pferdeführerschein. Das wollte ich sowieso schon lange machen und Elses Besitzerin gab mir die Möglichkeit dazu und organisierte meine Anmeldung in Oppin. Der Vorbereitungslehrgang war die Hölle. Ich musste mehrmals die Woche nach Oppin fahren (mit dem City flitzer) und bekam guten, aber strengen Unterricht. Das erste mal seit vielen Jahren, dass ich mal wieder Springstunden hatte. Zudem gab es Dressurunterricht.
Ich hatte nur einen Monat Zeit um gut genug zu werden. Schon Ostern war die Prüfung und Else und ich kannten uns noch nicht so lange. Das war im Prinzip neben dem Auto fahren die erste Herausforderung des Jahres und auch ein Highlight!
Ich habe es geschafft 😊
Ich war und bin sehr stolz auf mich, da ich mit diesem Abzeichen auf Turnieren der LPO in der Leistungsklasse 6 starten darf und nun offiziell mehr bin als nur ein Wald und Wiesen Reiter.

Leider war die gemeinsame Reise mit Else nur von kurzer Dauer. Im April hatten wir einen Unfall, woraufhin ihre Besitzerin die Reitbeteiligung beendete. Else geht es gut und ich hatte auch großes Glück. Doch das Schicksal hatte schon neue Pläne für mich vorgesehen.
Im Frühjahr waren Daniel und ich dann im Urlaub an der Ostsee, Seebad Bansin um uns etwas zu erholen. Das war quasi unser Jahresurlaub. Es war sehr ruhig und abgeschieden. Genau das richtige um die Seele baumeln zu lassen und neue Kraft zu tanken.
Doch wirklich zur Ruhe kam ich nicht. Ich war drauf und dran mir ein Auto zu kaufen. Kurz nachdem wir zurück in Leipzig waren, tat ich das auch. Einen blauen Opel Corsa. Mein erstes eigenes Auto. Dies war das zweite Highlight des Jahres!
Ich traute es mir nun zu auch längere Strecken zu fahren, selbst durch die Innenstadt und Autobahn. Ich wurde mutiger und sicherer. Die Routine kam von allein. Bald stellte sich heraus, dass ich das auch musste. Denn ein neues Pferd wartete auf mich.
Meteor schlug in mein Leben und mein Herz ein. Das ich so schnell zu einem eigenen Pferd kommen sollte, war nicht der Plan gewesen und auch etwas überraschend. Aber macnhmal muss man die Dinge beim Schopf packen und „einfach machen“. Der Rest fügt sich dann schon.

Meteor ist auf dem Hof meiner Eltern geboren und stammt somit aus der Zucht meines Vaters. Ich habe früher seine Mutter Samia geritten. Er hat ein kleines Handicap, weswegen er nicht in den großen Sport verkauft werden konnte. Man wusste lange nicht ob er überhaupt reitbar ist. Meine Eltern hatten ihn schon als Fohlen operieren lassen. Doch leider kam der Abszess am Rücken zurück. Meine Familie war also etwas ratlos was mit ihm werden sollte. Er war zu dem Zeitpunkt 3 Jahre alt und total roh. Ich beschäftigte mich mit ihm als ich zu Besuch war und verliebte mich in dieses Pferd. Er war so kontaktfreudig und menschenbezogen, obwohl nie einer wirklich was mit ihm gemacht hatte. Er war auch nicht schreckhaft, sondern eher neugierig und verspielt. Diese lieben Augen hatten es mir angetan und ich entschied mich ihn für mich zu nehmen. Das ist im Prinzip das 3. Große Highlight des Jahres!
Zunächst ließ ich ihn nochmal operieren. In der Hoffnung das der Rücken heilte und ich ihn reiten kann. Er musste lange in der Klinik bleiben und die Ärzte waren ratlos. Niemand fand heraus warum er das hat und wo es her kommt. Sämtliche Tests liefen ins Leere.
Für seinen Heilungsprozess wohnte er den Sommer über in seiner gewohnten Umgebung bei meinen Eltern und durfte weiterhin einfach Pferd sein.  Ich arbeitete vom Boden aus mit ihm, um ihn an mich zu gewöhnen. Der Rücken heilte gut, doch eine kleine Stelle blieb. Leider bis heute. Der Tierarzt gab mir aber schließlich das Go, um es mit dem Reiten zu probieren.
Meteor hatte keine Probleme mit dem Sattel und dem Reitergewicht. Da war ich sehr erleichtert. Doch ich merkte auch, dass ich in Sachen Jungpferdeausbildung nicht so die Erfahrung hatte. Zum Glück hatte ich Hilfe von meiner Schwester und meinem Vater.
Der Sommer war sehr lehrreich. Ich fuhr jedes Wochenende nach Thüringen um mit Meteor zu arbeiten. Es war einerseits schön soviel Zeit mit meiner Familie zu verbringen. Doch für meine Beziehung war es leider nicht so förderlich. Auch für mein Fernstudium war es der Killer und für meine sozialen Kontakte auch. Es drehte sich alles nur noch um Meteor. Er wurde zum Mittelpunkt meines Lebens.
Ein eigens Pferd kostet viel Zeit, viel Geld und viele Nerven.
Als Pferdebesitzer hat man soviel Verantwortung. Meine Gedanken sind ständig bei ihm.
Dadurch das ich mir ein so junges Pferd geholt habe, ist das Ganze doppelt schwierig.
Daniel musste viel Geduld mit mir haben. Ich war so wenig zu Hause und selbst wenn ich zu Hause war, war ich im Kopf bei „Pferdekram“. Unsere Ehe wurde in diesem Jahr auf eine harte Probe gestellt. Ich hoffe wir haben die Kurve gekriegt. Nach 5 Jahren Ehe und 7 Jahren Beziehung, war das das schwierigste Jahr für uns als Paar.

Doch ich habe auch gemerkt, dass ich immer mehr zu einer unabhängigen und eigenständigen Frau werde. Manche würden sagen Egoistin. – Zu Recht! Doch gewissermaßen war ich das schon immer. Doch nun habe ich durch das Auto, einer eigenen Wohnung und einem eigenen Pferd, die Latte sehr hoch gelegt. Ich glaube die meisten Männer wären gegangen.
Wie soll man eine Ehe mit einer Frau führen, die eigentlich nur macht was sie will?
Dies gilt es herauszufinden und ich glaube, wenn Daniel und ich uns nicht im tiefen inneren unserer Herzen so sehr lieben würden, würde das auch nicht funktionieren.
Ich hoffe sehr, das das neue Jahr uns in Sachen schwerer Prüfungen und dicker finanzieller Denkzettel in Ruhe lässt und uns den Weg zeigt wie wir weiter an einer gemeinsamen Zukunft bauen können.
Ein weiteres Highlight war es nochmal auf der Bühne stehen zu können. Ich bekam die Chance im Krystallpalast Variete mit meinem Idol Xarah von den Vielenregen gemeinsam auf der Bühne zu stehen und nochmal Showgirl -Luft zu schnuppern. Es war eine 20er Jahre Revue und ich war das Stage kitten. An 2 Abenden war ich dabei und nach anfänglicher Nervosität, klappte es schon am 2. Abend richtig gut und ich konnte es total genießen. Hin und wieder bot dieses Jahr doch noch andere Dinge als Pferde. Die Hochzeit einer meiner längsten Freundinnen, das Echo Beach Festival, die ein oder andere Ipnotico. Parties und Feste waren weniger als die anderen Jahre, dafür aber wenn dann sehr intensiv.

An negativen Dingen des Jahres ist noch der Tod unserer lieben Katze Lily zu nennen. Lily ist an meinem Geburtstag von uns gegangen. Bzw. musste nach längerer Krankheit eingeschläfert werden.
Der Verlust hat uns sehr getroffen.
Mein Fernstudium hab ich dann auch aufgrund von Zeitmangel geschmissen. Ebenso den Garten.
Ich glaube Nicht-Pferdemenschen haben keine Vorstellung was es bedeutet ein junges Pferd oder überhaupt ein Pferd zu haben. Es krempelt dein Leben um. Es ist ein Lehrer, ein Freund und auch ab und an ein Therapeut und wie Urlaub – denn den kann man dann sowieso vergessen. Man wächst über sich hinaus, freut sich über Fortschritte und ärgert sich über Fehler oder Dinge die nicht klappen. Doch man bleibt dran, weil man es dem Pferd schuldig ist und weil man es will. Pferde sind unglaublich persönlichkeitsbildend. Meteor spiegelt mich. Ich sehe meine Fehler in seinem Verhalten und Reaktionen. Es fühlt sich toll an zu sehen was er gelernt hat von mir. Er ist mir ein treuer Freund geworden und ich hoffe und wünsche mir sehr , dass wir beide eine tolle, lange gemeinsame Zukunft haben werden.

Mittlerweile steht er in der Nähe von Leipzig in einem Stall. Anfang November habe ich ihn her geholt. Jedoch ist der Stall nicht der richtige. Es ist wie ein 6er im Lotto gleich den passenden Stall zu finden udn ich hatte da auch keine Erfahrung drin.
Nun ziehen wir Anfang Januar in einen neuen Stall, der uns sehr viele Möglichkeiten bietet. Vorallem Hilfe bei der Ausbildung und die Möglichkeit mir meinen Traum vom Vielseitigkeitsreiten zu erfüllen. Wer weiß welche Türen sich noch öffnen für mich und Meteor und vlt. sieht man uns schon im Sommer auf den ersten Gelände-Turnieren.

Ich hoffe in meinem Text kommt die Reise die ich in diesem Jahr durchlaufen bin gut rüber, alles davor war Vorbereitung auf das was jetzt ist.
Ziemlich unglaublich! Ich bin also genau da wo ich sein sollte. Das Leben ist so voller Wunder!
Dafür bin ich unglaublich dankbar! Ebenso danke ich Daniel für seine Geduld, meinen Eltern für die Möglichkeiten und dieses Pferd, meiner Schwester für ihre Mühe und Hilfe, meiner lieben Kollegin, die oft für mich eingesprungen ist und länger gemacht hat, damit ich zum Pferd kann und meinen Freunden, die mich nicht aufgegeben haben, obwohl ich nur noch so wenig Zeit hatte.

Ich wünsche mir für das neue Jahr weiterhin soviel Motivation und Durchhaltevermögen, Empathie und den Blick zur Seite , nicht nur nach vorn!
Genügend Geld auf dem Konto, Gesundheit für alle meine Lieben und mich selbst. Zeit für Entspannung und andere Dinge als „Pferdekram“ und dass ich meine Ziele erreiche!

Alles Gute für 2024!

Jahresrückblick 2022

ein total spannendes und ereignisreiches Jahr neigt sich dem Ende.
Auch wenn ich zugeben muss, dass ich jetzt zum Jahresende eigentlich kaum noch Kraft für den Endspurt habe. Momentan bin ich eher im Winterschlafmodus.

Doch man kann es auch ohne schlechtes Gewissen ruhiger angehen lassen, in den letzten Wochen des alten Jahres.


Was war so los 2022?
„Zeitenwende“ –  ist Wort des Jahres! Es steht im Zusammenhang mit dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine und wurde unter anderem von Bundeskanzler Olaf Scholz aufgegriffen und geprägt.
Am 27. Februar 2022, nur wenige Tage nach der russischen Invasion in der Ukraine, hat Bundeskanzler Olaf Scholz in seiner Regierungserklärung eine radikale Neuausrichtung der deutschen Sicherheits- und Außenpolitik angekündigt – im Rahmen der sogenannten Zeitenwende. 

Was aber bedeutet diese konkret, besonders vor dem Hintergrund eines noch andauernden Krieges mit ungewissem Ausgang? Die Zeitenwende geht aber auch über den Krieg in der Ukraine und das Thema der europäischen Sicherheit hinaus.
Die zentrale Frage lautet: In was für einer Welt werden wir morgen aufwachen?
Wie können wir als Menschen, weiterhin gut in einer zunehmend von Ressourcenknappheit, Inflation, Preisexplosionen, Artensterben und Klimakrisen bedrohten Welt bestehen?
Es ist 5 nach 12 … die Zeit hat sich gewendet.

Für mich persönlich war es jedoch ein absolut positives Jahr.
Über meine Namibia Reise habe ich ja bereits in einem anderen Beitrag berichtet.
Ich konnte mir den daraus resultierenden Tantendrang noch eine ganze Weile erhalten.
Ich bin stolz auf mich, da ich so viele Dinge gemacht habe, vor denen ich große Angst hatte.
Es ist gar nicht schwer , man muss es einfach machen!
Alleine Fliegen, ein work and travel in einem Land wo alle englisch reden, horsemanship bzw. eine andere Reit- und Umgangsweise mit Pferden erlernen, eine Wohnung kaufen, Auto fahren in der Großstadt, Verantwortung für eine Reitbeteiligung übernehmen, mit Mitte 30 neben dem Job ein Studium anfangen, über sich hinaus wachsen!
Über den Sommer habe ich super viel geschafft. Ich habe im Garten gewerkelt und sogar allein mit der Flex die alte Farbe vom Gartenhäuschen geholt und dieses neu gestrichen.
Unser Garten ist also nun soweit, dass man auch mal dort übernachten kann. Was wir das ein oder andere mal auch getan haben. Unser kleines Stück Natur in der Stadt in Form eines gutbürgerlichen Kleingartens, ist richtig hübsch geworden.

Desweiteren konnte ich nach ein paar Fehlschlägen endlich eine passende Reitbeteiligung finden. Die liebe Trudy ist in mein Leben getreten und bereichert dieses auf vielfache Weise.
2 Mal die Woche trete ich in die Pedalen und radel nach Göhrenz/Markranstädt , reite oder mache Bodenarbeit mit Trudy. Genieße es durchs Gelände zu reiten. Es gibt mir Frieden und Ruhe und erfüllt mich mit positiven Naturimput, nebenbei wird der Kopf frei und der Körper bewegt und ich gehe mit einem Erfolgserlebnis nach Hause. Es entschleunigt mich. Trudy lernt von mir und ich von ihr. Wir haben eine gute Verbindung und können schon einige kleine Erfolge vorweisen. Zum Glück ist die Besitzerin sehr locker und ich hab freie Hand was mein Training angeht. Aber es ist natürlich was anderes, als ein eigenes… Die Stallarbeit gehört auch dazu. Misten und füttern.
Es ist anstrengend und es ist echte körperliche Arbeit.
Wer hätte gedacht, dass ich mich mal darum reiße und das auch noch 2 mal die Woche. Es gab Zeiten , da habe ich meinen A* nach der Arbeit kaum von der Couch gekriegt.

Jetzt im Winter fahre ich mit dem Auto (cityflitzer/ Teilauto) zum Stall.
Was auch eine Herausforderung für mich ist. Die Strecke ist perfekt zum üben.
All das sehe ich als Vorbereitung für (m)ein eigenes Pferd, die Zukunft und als Bereicherung allgemein.
Ein Stück mehr noch in die Unabhängigkeit. Einfach ins Auto steigen und seine Wege erledigen,
ohne, dass man immer jemanden um ein Auto bitten muss. Ich empfinde das als sehr befreiend.
Auch vor dem Hintergedanken, dass unser Bus verkauft wird. Der Hippietraum, ist dem Traum vom idyllischen Landleben gewichen.
Irgendwie habe ich gedanklich einen Kopfstand vollzogen. Die Perspektive hat sich sehr verändert.

Die Vorstellung aufs Dorf zu ziehen, in die Natur, ein Häuschen mit Garten, erscheint mir gar nicht mehr so abwägig. Dort als Tierheilpraktikerin (ich habe im Oktober ein Fernstudium angefangen) arbeiten und am Wochenende über die Felder gallopieren. Das klingt romantisch. Könnten wir so ankommen? Minimalismus in Form von Stadtflucht?
Die Zeichen stehen auch hier auf „Zeitenwende“. Die Großstadt verliert mehr und mehr ihren Reiz.

Wir werden sehen was uns das neue Jahr bringt!

Ich hoffe , dass ich im neuen Jahr meinen Zielen näher komme und den gewonnenen Tatendrang nicht verliere bzw. wieder aktivieren kann! Ich wünsche mir schöne Reisen, inspirierende Gespräche, immer genügend Geld in der Tasche und eine Heizkostenrechnung die mich nicht in Ohnmacht fallen lässt.
Ansonsten Durchhaltevermögen im Studium und Job, keinen oder nur wenig Stress, beste Gesundheit für alle meine Lieben, Sonne im Herzen und ein Pferd 🙂

Zusätzlich wünsche ich Euch und mir Zeit für die Menschen, die uns am Herzen liegen und Muße, um die Dinge zu verfolgen, die uns glücklich machen!

Gesundheit, Glück, Zufriedenheit, Dankbarkeit, Erfolg, Mut, Spaß, Spannung, Besinnlichkeit, Freundschaft und Liebe.

Alles Gute für 2023!



Namibia

„Ich kann mich an keinen Morgen in Afrika erinnern, an dem ich aufgewacht bin und nicht glücklich war.“ – Ernest Hemingway

Es ist Ende September in Deutschland. Der Herbst ist da und die Erinnerung an den Sommer und die Wärme auf der Haut beginnt schwächer zu werden. Es ist einiges an Zeit vergangen seit ich aus Namibia zurück bin. Ich konnte meine Gedanken über das Erlebte nicht zu Papier bringen.
Der Verarbeitungsprozess hat gedauert. Es gab einfach zu viel in meinem Kopf was sich sortieren musste. Zudem habe ich schon begonnen vieles in meinem Leben umzuschmeißen.
Es war mein größtes Ziel nach dieser Reise, nicht so weiter zu machen wie vorher.
Ich wollte Antworten und Erkenntnisse!

Tja typisch ich, zu viel wollen, zu fordernd sein. Genau das ist ein Punkt den Namibia mich gelehrt hat zu ändern: Expect nothing! “ Ziele Hoch, aber erwarte Nichts!“ (Uschi Obermaier)

Schon als Kind träumte ich davon, wie Sheena  aus „Königin des Dschungels“ Frei durch die Wildnis zu galoppieren. Eine Verbindung zu haben , zu den Tieren und in Harmonie und Freundschaft mit ihnen zu leben. Den Wind der Freiheit um die Ohren und mich in grenzenloser Weite zu verlieren.

Es hat sich also alles gefügt und ich fand mich Anfang März 2022 nach einem 11 Stunden Flug in Windhoek, Namibia wieder.
Alles verlief nach Plan. Bis ich aus dem Flugzeug ausstieg und kein WLAN hatte, nicht wusste wie der Leon aussieht , der mich kurzum abholen sollte , geschweige denn eine Nummer von ihm hatte und ich durch die Passkontrolle musste , die meine Aufenthaltsunterlagen sehr genau prüften und mir Fragen in einem super schnellen Englisch stellten.
Ich war zu müde um eine Panikattacke zu bekommen, doch ziemlich verwirrt.

Zum Glück hatte Leon ein Schild dabei , auf dem stand : „Joseph’s Dream Appaloosas“.
Nachdem wir uns gefunden hatten, ging es auch schon los Richtung Dordabis.
Schnell hatten wir den Flughafen und die nicht besonders schöne Stadt Windhoek hinter uns und waren auf einer Straße unterwegs , die man hierzulande Feldweg nennen würde.
Nach einer Stunde Fahrt durch absolutes Niemandsland , wo uns Kühe am Straßenrand und Affen auf Verkehrsschildern grüßten , waren wir auf der Sandwerf Farm hinter dem kleinen Örtchen Dordabis angekommen.
Hier, an diesem magischen Fleckchen Erde, haben Leon und Annika ihr Gestüt.

„Joseph’s Dream Appaloosas is more than just a breeding stud! We are training people and horses. But mainly letting horses teach people: how to listen… listen to nature, listen to silence, listen to the old drums of the earth beating.
The healing power that comes with connecting to the soul of these incredible creatures allows us to open up and learn the language to be spoken to make Joesph’s Dream a reality in this world… between people, people and animals, people and this planet.“


Nachdem ich mein Chalet / Ferienhaus bezogen hatte und Zeit zum ausruhen und ankommen, bekam ich eine Führung und fand mich kurz darauf in der Satttelkammer wieder , mit Pferde-Trainerin Hayley. Sie war dabei „flags“ für das Training  zu basteln. Ich setzte mich und half ihr. Wir unterhielten uns und knoteten dabei Fetzen von Futtersäcken und Planen an Stöcke.

„Desensibilisierung mit der Fahne“ – wird das Ganze genannt.
Ein Pferd gegenüber Fahne, Strick oder Hand unempfindlich zu machen ist eine Grundübung, die sicherlich die Zahl der von Pferden verursachten Verletzungen (ausgelöst durch eine herumfliegende Plastiktüte, ein Auto, Wind in den Zweigen, wilde Tiere etc.) um einiges reduzieren kann. Das erste Ziel ist die Sicherheit.

Da war ich also schon mitten drin im horsemanship.
Leider hatte ich anfangs ziemliche Probleme mit dem Englisch. Das und das ich nicht direkt Anschluß an die Gruppe der Praktikanten (Equine Volunteers)  fand, blockierte mich.
Beim essen im kitchen space war ich sehr still. Ich konnte den Unterhaltungen nicht folgen. Es war einfach zu schnell. Wenn ich was verstand und noch überlegte wie ich meine Antwort oder meinen Beitrag zu dem Thema formulieren soll, war die Unterhaltung schon wieder woanders. Ich hatte keine Möglichkeit viel von mir Preis zu geben oder zu berichten.
Smalltalk liegt mir nicht.
Die Mädels  waren sehr jung und hatten sich schon zu einem Grüppchen zusammen gefunden.
Als eine 3. Anreiste aus Schottland, dachte ich erst oh cool, doch als ich Sie begrüßen wollte , hat sie mich gar nicht beachtet und einfach weiter mit Hayley geredet, als wäre ich nicht da. Ich weiß noch das mich das sehr getroffen hat und ich später an dem Tag bitterlich geweint habe, mich sehr allein in einem fremden Land gefühlt hatte und am liebsten wieder abgereist wäre.
Ich musste begreifen, dass das nicht auf mich persönlich bezogen war. Diese Schottin hatte noch weniger Sozialkompetenz als ich selbst. Später wendete sich das Blatt und ich verstand warum sie ist wie sie ist und konnte ihr für ihre Unhöflichkeit vergeben.
Die Züchterin Annika, sprach auch lieber Englisch als ihre Muttersprache Deutsch. Das machte die Sache für mich nicht einfacher. Sie bemühte sich zwar , dass ich mich wohlfühle, aber so richtig warm miteinander geworden sind wir nicht.

Diese Ablehnung (die wahrscheinlich nur in meinem Kopf war) zu spüren, machte mir wirklich zu schaffen. Hinzu kam, dass das Training mit den Pferden im horsemanship -Stil wirklich neu war für mich. Mein Backround ist ja eher das Englische Reiten.
Ich stellte mich also etwas dumm an und verstand auch nicht viel (alles englisch) und war quasi eine Anfängerin mit den Pferden. Darauf musste mein Ego auch erstmal klar kommen.
Das Pferd , welches ich mir aussuchte , die bezaubernde cremello Stute Daisy, wollte mich auch nicht so recht.
Nun ja, reiten waren wir in der ersten Woche auch nicht. Es ging zunächst darum die Grundlagen im horsemanship zu lernen.

Ich war nach der Arbeit und dem gemeinsamen Abendessen viel allein , betrachtete den imensen Sternenhimmel und trank alleine Wein auf meiner Terasse.

Die einzigen Freundschaften die ich anfangs schloß, waren die zu den Hunden Nanuk und Amy.  
Ich dachte viel nach und reflektierte so einiges.

Ich begriff einiges über mich selbst.
Ich sagte mir: „Vlt ist eine der challenges hier neben dem Englischen , komm mit dir selbst klar. Sei dir selbst genug! Du brauchst die Anerkennung von Aussen nicht.

Sei freundlich und transparent aber bettel nicht um gemeinsame Zeit.
Es geht hier nicht darum Freundschaften zu schließen, sondern als Mensch zu wachsen.

Sich seinen Ängsten und Defiziten zu stellen und sie zu überwinden.“


Ich redete am nächsten Tag mit Hayley und erzählte ihr das ich mich ein bisschen außen vor fühle.  Am Abend lud Sie die ganze Gruppe zu einem Lagerfeuer an ihrem Chalet ein. Sie spielte Gitarre und sang.
Es war ein wunderschöner Abend.
Eine Songzeile brannte sich in meinen Kopf : „Lay your darkness in the sun.“

Genau das tat ich ! Ich wurde stiller in mir drinnen. Ich kam zur Ruhe und begann diesen Ort unabhängig der Menschen zu genießen. Ich trat ins Licht. Ich ging viel spatzieren auf der Farm. Ich sagte jedem Tier guten Tag und war fasziniert von den Kameldornbäumen und der ganzen Landschaft hier. Es war so grün. Überhaupt nicht trist. Alles war voller Leben.
Die Sonnenuntergänge und Farben in Namibia sind unbeschreiblich schön.

Ich machte alleine eine Safari in einem privaten nahegelegenen Park mit einem Guide.
Ich sah Giraffen, Elefanten , Löwen und noch einige andere wilde Tiere hautnah.
Ich begann mir die Namen der vielen Pferde auf der Farm zu merken. Die Appaloosas sind so unglaublich schön. Dort gab es Fell-Farbkombinationen die ich noch nie zuvor gesehen habe.
Ich genoss das Training und die Arbeit mit den Tieren. Ich freute mich schon beim aufstehen darauf was der Tag mir wohl bringen würde.
Dollar, mein Seelenpferd fand mich!  — Oh Gott, während ich das schreibe muss ich schon wieder weinen… Nie , niemals hätte ich gedacht , das man in so kurzer Zeit eine solche Verbindung zu einem Pferd bekommen kann.

Er hat mich ausgesucht. Ich wollte diesen kleinen eigentlich gar nicht. Doch schnell sah ich die Herausforderung. Man sagte mir er buckelt beim galoppieren und hat schon einige Praktikanten abgeworfen. Er war jung und frech und hatte echte Punk- Allüren. Ließ sich anfangs auch nicht einfangen auf der riesigen Koppel.  Ein Charakterpferd.
Ich lernte wie ich mit ihm arbeite ohne Druck und Zwang, sondern mit Überzeugung und Konsquenz. So wurden wir schnell ein Team und es dauerte nicht lange, da kam er auf der Koppel freiwillig zu mir , obwohl er wusste , dass ich ihn reiten will.

Das erste liberty Training war ein Meilenstein. Frei mit ihm zu arbeiten…
Ohne Sattel und Gebiss zu reiten , später nur mit dem Halsring… unglaublich.
Ich ließ mich einfach drauf ein. Lernte viel über Balance und die ganzen Horsemanship Techniken. Schnell wurde ich vom horsemanhip Anfänger zum „SemiProfi“ 😉
Auf jeden Fall war ich in der Hälfte meiner Zeit dort soweit,  Dollar auch im Gelände ohne Gebiss zu reiten und mir hundertpro sicher zu sein, dass ich ihn allein mit meiner Stimme und unserem gegenseitigen Vertrauen reiten kann.  Sogar vorneweg.

Nebenher hatten wir die Möglichkeit in einer kleinen Schule in Dordabis die Farm kids zu unterrichten. Nie hätte ich gedacht, dass ich sowas kann. Noch dazu in Englisch.

Inzwischen war auch noch eine neue Praktikantin angereist , eine Deutsche (nur ein paar Jahre jünger als ich) , mit der ich mich sehr gut verstand. Wir saßen oft noch abends beisammen und redeten über den Tag , tauschten unsere Gedanken aus. Es ist ein großer Schwall an Imput der an so einem Tag in Namibia auf einen reinprasselt! Es war toll sich austauschen zu können. Noch dazu in so angenehmer Gesellschaft. Wir beide waren auch die Einzigen, die die Arbeit wirklich ernst nahmen. Egal ob es nur Gras schneiden war, Unkraut aus den Roundpens entfernen oder die Futter Näpfe reinigen oder bis zum letzten Pferd beim rein holen ausharren, wir haben das gerockt und waren stolz auf unsere Arbeistmoral 🙂
Zusammen fuhren wir an einem Wochenende nach Swakopmund an die Küste Namibias. Wir gingen auf Sightseeing Tour und machten eine Wüstentour. Wir hatten sehr viel Spaß zusammen und sahen somit noch etwas anderes von Namibia als nur die Farm. In Gela , der Lehrerin der Schule, hatten wir auch eine super Reiseführerin gefunden. Sie ist gebürtige Südafrikanerin, spricht fleißend deutsch und wollte an dem WE sowieso nach Swakopmund. Sie konnte uns sehr viel über Land und leute erzählen. Zudem muss ich auch sagen, dass ich mich super mit Gela verstehe. Auch mit ihrem Mann Eike, den wir kennnen lernten als Sie uns zu einem Sundowner auf ihre Farm einluden.
Die Farm der beiden ist noch ursprünglicher als Sandwerf und voller Rinder. Es ist eigentlich eine Rinderfarm. Schon über Generationen in Familienbesitz. Es leben aber auch wilde Giraffen dort und diverse Springböcke und Oryx oder Kudus… ein paar recht wild lebende Pferde haben sie auch. Später wurde ich nochmal dorthin zu einem Ausritt eingeladen.

Es war trotz direkter Nachbarschaft zu Sandwerf, etwas ganz anderes, hier zu reiten auf diesen unglaublich schnellen Pferden.
Die vlt. 3mal im Jahr wirklich Kontakt zu Menschen haben, wenn Sie zum Kuhtrieb geritten werden oder von Eike einfach aus Spaß.  Meins hieß Kaiser. Nach einem Stück des aufwämens und kenne lernens , ging es los im Galopp.
Ich hatte  nie das Gefühl das er durch geht. Ich hatte schnell begriffen wieviel Luft ich geben muss und wann ich ihn halten musste. Ich spürte immer mehr beim Reiten , dass ich tatsächlich ein Gefühl für Pferde hatte und mich auf die verschiedensten einstellen konnte. Eine gewisse Intuition.
Jeden Tag im Sattel zu sein, ist auch wirklich der schönste Sport den ich mir vorstllen kann.

Durch ausgetrocknete Flussbetten zu galoppieren , vorbei an großen Straußen und dann noch eine ausgebüchste Kuh zurück zur Herde zu treiben, das war der Hammer! Abenteuer und Freiheit pur!
Ich möchte gern nochmal dorthin!  

Es gibt noch soviel politische Aspekte dieser Reise. Das ganze Kolonialzeug… die Korruption in Namibia, ich könnte soviel darüber erzählen…
Überhaupt habe ich einen ganzen Roman voller Anekdoten zu erzählen. Auch über das Zu Deutsch sein und die Pünklichkeit 😀
Doch das würde wohl den Rahmen sprengen und ich beschränke mich auf meine persönliche Entwicklung.

Ich bin in dieser Zeit also sehr sicher im Umgang mit den Tieren geworden, ob Fohlen oder Hengste oder Wilde Pferde. Ich habe gelernt mit allen umzugehen. Meine Hektik weg zu stecken und Ruhe und Sicherheit auszustrahlen. Mir selbst zu vertrauen.

Nur Alpakas werden mir wohl immer suspekt bleiben.


Mit Tieren zu arbeiten hat mir soviel Spaß gemacht! Ich konnte mich wieder mit meinen Wurzeln vereinigen. Da ich ja einst mit Tieren aufwuchs. Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft flossen zusammen. Viele Arten und Techniken des Umgangs vereinigten sich in mir.

An meinem letzten Tag habe ich viel geweint. Ich wollte gar nicht weg. Diese Unbeschwertheit … ich wusste , dass ich sowas zu Hause nicht haben werde. Und überhaupt … werde ich je wieder so in meiner Mitte sein?  Mit Freude aufstehen, die Arbeit lieben , die man tut, Tieren helfen, Gemeinsam mit ihnen arbeiten. Von seiner körperlichen Arbeit aber zufrieden erschöpft ins Bett fallen. Erholsam schlafen und ausgeruht sein. Voller Tatendrang und Energie. Keinen richtigen Alltag haben, aber geregelte Zeiten , keinen Stress.
 Keine Sorgen. Glücklich SEIN , im Hier und Jetzt Leben. Entschleunigung!

Ich lief eine große Runde über die Farm und verabschiedete mich von jedem Tier und sog die Landschaft und Geräusche und alles was nur möglich war in mir auf. Ich wollte an diesen Ort zurück kehren können, wenn auch nur in meinen Gedanken. Als Ort der Ruhe und des Friedens.

Der Abschied von Dollar fiel mir am schwersten. Ich wollte ihn so gern mitnehmen.
Seine Persönlichkeit und meine harmonierten auf so eine Weise miteinander. Ich kann es gar nicht beschreiben. Dieses Vertrauen und die Verbundenheit die wir beide aufgebaut haben , sind unbezahlbar und ich weiß nicht ob ich das je wieder mit einem Pferd so haben werde.
Er war mehr als ein Pferd, ein richtiger Freund!

Das Pferde Thema liegt nicht nur in meinen Genen, sondern auch in meinem Herzen, vlt. Mehr als mir lieb ist. Ich habe in diesen 6 Wochen Freude, Tränen, Schweiß und Blut gelassen , doch soviel dazu gewonnen. Mein Fokus hat sich geändert. Dinge die sich in mir schon über die „Corona Zeit“ gezeigt haben, haben sich manifestiert. Weg vom Trubel, hin zur Natur. Hin zur Ruhe.
Eigenes Schaffen!
Diese Reise war eine der besten und eindruckvollsten Erfahrungen meines Lebens.


Freiheit, Abenteuer, pures Leben und viel mehr als die Erfüllung eines großen Traums

Vielen Menschen zaubert das Wort Reisen ein breites Lächeln ins Gesicht und ein Funkeln in die Augen. Sind die Strapazen der langen Planung und Vorbereitung erst einmal vorüber und rückt der Start der Reise immer näher, steht der Begriff für ein Leben voller Abenteuer, Freiheit und die Erfüllung eines großen Traums.
Es ist ein Leben außerhalb des Hamsterrads und abseits vom 9 to 5 Job. Manche Menschen begeben sich auf Weltreise, andere reisen „auf Zeit“ z.B. während einer Auszeit vom Alltag, dem sogenannten Sabbatical. Wieder andere Menschen ziehen los und kommen nie wieder.

Bei mir ist es so, dass ich mir eine Auszeit nehme. Eine Art Sabbatical…  Ich werde 6 Wochen nach Namibia gehen.

Was ich mir erhoffe?
das es “klick” macht! Dass ich wunderschöne Erlebnisse haben werde und eine unvergessliche Zeit in einem Land in dem es immer warm ist.
Die persönliche Entwicklung steht ganz oben!
Ich erhoffe mir eine andere Wertschätzung zu erlangen für das Leben und die kleinen Dinge.
Ich erhoffe mir tiefe Zufriedenheit und ein Leuchten, was ich beibehalten werde.
Die Gewissheit, dass ich alles schaffen kann.
Genauso wie Gelassenheit und Ruhe , wie man sie nur in anderen Ländern findet. Fern von der deutschen Hektik und Disziplin.

Seit meiner Ausbildung habe ich immer gearbeitet. Wenn Urlaub, dann waren es maximal 3 Wochen. Das reicht nicht wirklich um ein anderes Land kennen zu lernen.
Die Welt ist groß und bunt und ich habe das Gefühl, dass ich noch viel zu wenig davon gesehen habe.

Fernweh trage ich schon lange in mir. Doch hätte ich mir vor ein paar Jahren noch nicht vorstellen können dieses auch alleine stillen zu können.

In meiner Vorstellung sah mein Sabbatical so aus, dass ich zusammen mit meinem Mann und unserem Bus per Roadtrip die Welt erkunde. Ein bisschen ala Hippie Trail Romantik.
Zwischendurch wollte ich ein paar Wochen nach Georgien und dort durch den Kaukasus reiten.
Ich hatte schon viele Pläne die aus Träumen resultierten und sich in der Ferne abspielten.
Doch jetzt habe ich beschlossen, dass die Zeit der Umsetzung gekommen ist.

Nach 2 Jahren Corona und zu Hause rum hängen, ohne große Reisen, bin ich 35 und habe keine Angst mehr meine Träume alleine zu verwirklichen. Der Wunsch etwas ganz anderes zu erleben und mal eine zeitlang das gewohnte abzulegen, war einfach größer.

Es gibt Tage da ertrage ich mein Hamsterrad nicht. Der Schweinehund ist riesig , der mich morgens davon abhält aufzustehen wenn der Wecker klingelt.
Der Alltag ist oft gleich. Die Arbeit erfüllt mich nicht. Ich brauche Abenteuer.
Abenteuer , die größer sind als am Wochenende ins Berghain zu gehen ( wenn es denn wieder geht) oder im Sommer auf ein Festival zu fahren. Abenteuer, die wirklich mein Bewusstsein verändern und mein Leben nachhaltig wundervoll bereichern.

Ich möchte nicht nur meinen Alltag aufbrechen , sondern mich!
Ich bin festgefahren in meinen eigenen Verhaltensmustern. Ich bin nach all den Jahren Leipzig und Großstadt immernoch etwas unbedarft in manchen Dingen.
Einen Orientierungssinn habe ich quasi nicht. Ich ging oft den Weg des geringen Wiederstandes und verließ meine Komfortzone eher selten.

Das soll nun anders werden. Ich werde alleine fliegen und 6 Wochen alleine in einem Land auf einer Farm (Gestüt) verbringen, wo hauptsächlich Englisch gesprochen wird.

Das mag für manch einen kein großes Ding sein. Aber für mich ist es ein riesen Schritt auf den ich mich wirklich sehr freue. Auch wenn die Angst das etwas schief geht natürlich mitschwingt.

Warum Nambia?
Nachdem ich beschlossen hatte , dass 2022 mein Reisejahr wird und es ein work and travel werden soll, war schnell klar, dass Pferde dabei sein müssen.
Die Arbeit mit Tieren und ein anderes Land vom Pferderücken aus erkunden, finde ich unglaublich spannend. Schließlich will ich ja nicht nur Urlaub machen. Ich will dort richtig leben und eintauchen.
Doch das Wo, war mir zunächst nicht so wichtig. Ich dachte eigentlich an Spanien oder Andalusien.
Auch war ich mir nicht sicher ob ich es über ein Programm buchen und organisieren lassen sollte oder auf eigene Faust… viele Fragen…

Bei einem Fotoshooting unterhielt ich mich mit einem Fotografen über meine Pläne und er schlug mir Namibia vor. Er erzählte mir, dass er vor einiger Zeit auf einem Gestüt war zum Fotos machen und es ihm unglaublich gut gefallen hat. Die Miteigentümerin sei eine Deutsche und sie nehmen dort Praktikanten, genannt „Equine Volunteer“. Die ganze Anlage sei ziemlich neu und schick und wie unglaublich beeindruckend Namibia sei.
Er vermittelte mir den Kontakt und schickte mir den Link zum Instagram Profil.
Kurze Zeit später war ich schockverliebt und nahm direkt Kontakt zu Annika auf.

Das Schreiben war sehr unkompliziert und super nett. Wir hatten schnell alles klar gemacht und ich fühlte mich gut aufgehoben.  Die Hürde, dass meine Reise nun bis ans Ende der Welt gehen sollte (genaugenommen nach Dordabis , Sandwerf), war aber erstmal noch groß.

Die darauffolgende Zeit verbrachte ich damit mich über die Einreisebestimmungen zu belesen. Diese sind ja in Zeiten der Pandemie nicht ohne. Aber ein Visum brauch ich zum Glück nicht.

Eine Freistellung von der Arbeit brauchte ich aber. Da unser Personaldezernat super langsam ist, dauerte das tatsächlich mit am längsten.
Meine Planung der Reise dauerte ca. 5 Monate. Inzwischen habe ich fast alles zusammen und bin nun mit dem meisten durch. Es fehlen noch ein paar Kleinigkeiten. Ich werde den Monat März Urlaub nehmen und den Monat April die Freistellung beziehen.
Finanziell ist das Ganze auch nicht ohne. Schließlich muss ich neben den Flügen, den Aufenthalt dort zahlen, PCR Test trotz Impfung, Auslandskrankenversicherung, Handyguthaben, Kreditkarte, Auslandsimpfungen, Kram für die Reise, passende Garderobe, Reiseapotheke, genug Geld zurück legen für die Zeit der Freistellung in der ich kein Gehalt bekomme. Taschengeld für Ausflüge etc.

Kurz gesagt : Es ist schon ein teurer Spaß. Aber ich bin mir sicher, dass es das wert sein wird! Denn ich bin es mir wert 🙂

In 5 Wochen werde ich nun also in Namibia sein. So weit weg von zu Hause war ich noch nie. Doch je mehr ich mich mit dem Land beschäftige, desto mehr treibt mich die Faszination eines der schönsten Länder Afrikas zu bereisen, wo sich die Natur mit landschaftlichen Reizen und Vielfältigkeit überbietet.
Ebenso wilde Tiere in ihrem echten Lebensraum zu sehen, nicht nur im Zoo. Wann hat man schon mal diese Möglichkeit.

Ich denke aber auch das ich mit dem Appaloosa –Gestüt in Sandwerf eine gute Wahl getroffen habe. Traumhaft schöne Pferde , Alpacas und noch vieles mehr, in einer surrealen Umgebung… Farmleben pur!  Ich hoffe auch noch ein paar Reiter skills in puncto Bodenarbeit und Freiheitstraining lernen zu können. Sowie auf tolle Ausritte durch den namibischen Busch.

Ich verfolge fast täglich den Blog und schaue was gerade dort passiert , um gut vorbereitet zu sein. Ich lese auch ein Buch über Namibia und schaue mir Dokus an. Auch eine Englisch- lern app habe ich auf dem Telefon.
In Sachen Vorbereitung geb ich mir alle Mühe und hoffe nichts vergessen zu haben.

Natürlich werde ich im Nachgang vlt. auch Währenddessen über meine Reise berichten und viele Fotos machen!

In diesem Sinne
Wünscht mir Glück!

Jahresrückblick 2021

Das ging mal wieder flott! Das Jahr 2021 ist in den letzten zwei Wochen, Zeit zurück zu schauen und ein kleines Resümee zu ziehen.

Eine neue Regierung, eine Flutkatastrophe und immer noch Corona-Pandemie.


Im Januar wurde Joe Biden als 46. Präsident der Vereinigten Staaten vereidigt. In vielen Staaten laufen Impfkampagnen, um die COVID-19-Pandemie zu beenden.
Die Deutsche Corona Politik steckt zwischen Lockerungen und Virus-Mutationen fest.

Extremwetter mit Eis und Schnee legte Mitteldeutschland im Februar lahm.
Diese Regionen sind die mit den meisten Coronavirus-Infektionen in Deutschland. Mehrere Landkreise sind Hochinzidenz-Gebiete.

Die Corona-Lage in Deutschland ist im März gekennzeichnet von Gegensätzen und einem politischen Schlingerkurs. Anfang des Monats beschließen Bund und Länder sowohl eine grundsätzliche Verlängerung des Lockdowns als auch einen Öffnungsplan. Fachleute warnen zu diesem Zeitpunkt bereits vor der Ausbreitung von ansteckenderen und gefährlicheren Virus – Mutanten die Infektionszahlen steigen in der Folge rasant an.
Der Frachter „Ever Given“ blockiert ab dem 23. März für mehrere Tage den Suezkanal. Hunderte andere Schiffe können die Wasserstraße nicht durchqueren. Durch die Blockade des wichtigen Handelswegs enstehen hohe wirtschaftliche Kosten.

Im Juni sorgen Heftige Unwetterfür , die auf extreme Hitze folgen für Schlagzeilen.
Sinkende Infektionszahlen und eine immer höhere Impfquote prägen die Lage. Ab dem 7. Juni fällt die Impfpriorisierung weg. Nun kann sich jeder um einem Impftermin bemühen. Ab 14. Juni gibt es den digitalen Impfpass. Mitte Juni sinken die Inzidenzen bundesweit in den einstelligen Bereich.

Im Juli gab es eine Hochwasser-Katastrophe ungekannten Ausmaßes. Sie hinterlässt vor allem im Westen Deutschlands Tod und Zerstörung .

August: Der völlig missglückte Abzug der Nato aus Afghanistan beherrschte im August die Schlagzeilen. In der Corona-Pandemie vollzog sich ein Strategiewechsel. Ein UN-Bericht und Waldbrände verdeutlichten die Klimakrise.
Die Landesregierungen in Sachsen, Sachen Anhalt u. Thüringen erlassen im August neue Corona Verordnungen. So folgen sie dem Trend, die Infektionslage nicht mehr nur nach der Inzidenz zu beurteilen. Neben der Anzahl der infizierten Personen soll etwa auch die Zahl der Geimpften und der im Krankenhaus behandelten Menschen herangezogen werden. Derweil hängen die drei mitteldeutschen Länder bei der Zahl der verabreichten Impfungen weiterhin hinterher.

September: Die SPD gewinnt die Bundestagswahl. Dennoch bleibt zunächst unklar, wer Bundeskanzler wird. Die Zahl der Coronavirus-Infektionen bleibt im September insgesamt auf einem kontrollierbaren Niveau. Es stecken sich vorallem Ungeimpfte an. Deshalb und um eine neue Ansteckungswelle im Herbst und Winter zu verhindern, appellieren Politik und Wissenschaft, sich impfen zu lassen. Die Zahl der Impfungen nimmt aber nur langsam zu.

Oktober: In Mitteldeutschland nimmt aufgrund deutlich steigender Infektionszahlen die Diskussion um Geimpfte und Ungeimpfte weiter an Fahrt auf. In Sachsen, dem Bundesland mit der deutschlandweit geringsten Impfquote, drängt Regierungschef Kretschmer darauf, ausschließlich auf die 2 G-Regel zu setzen.

November: SPD, Grüne und FDP stellen ihren wochenlang ausgehandelten Koalitionsvertrag vor. Die Ära Merkel geht zu Ende.  Die vierte Corona-Welle rollt über das Land und stürzt das Gesundheitssystem in eine Notlage.
Eine neue Variante des Sars-Cov-2-Virus wird entdeckt und Omikron genannt.


Doch es gibt auch gute News aus 2021:

Im Jahr 2021 wurden weltweit mRNA-Impfstoffe gegen COVID-19 zugelassen. Die bahnbrechende Technologie ebnet den Weg für weitere Impfstoffe, z.b. gegen Krebs.

Im Herbst stimmten die Schweizer:innen für die Öffnung der Ehe für gleichgeschlechtliche Paare. Das Gesetz tritt im nächsten Jahr in Kraft. Die Schweiz ist damit das 17. europäische Land in dem die Ehe für alle gilt. Weltweit gibt es nur zwölf weitere Länder, in denen das der Fall ist.

Immer mehr Kommunen betrachten Klimaschutz als wichtige Aufgabe. „Urbane Resilienz“ heißt das Wort der Stunde.

In Deutschland soll bald jede:r Jugendliche Anspruch auf einen Ausbildungsplatz haben. Das hat die neue Regierung in ihrem Koalitionsvertrag festgeschrieben.
tbc …

Die Menschheit scheint also noch nicht ganz verloren, solange es noch Fortschritt, Solidarität, und Menschlichkeit gibt.

***
Auch im privaten war einiges los in diesem 2021 :

Wir konnten den Lockdown und die Zeit im Home Office gut nutzen. Liegengebliebene Projekte konnten angegangen werden und damit auch der Kauf einer Wohnung.
Klar, war es manchmal blöd seine Freunde nicht treffen zu können und nur virtuell zu sehen. Aber ich kam damit eigentlich gut klar. Durch den Garten, hatten wir ja doch die Möglichkeit Hin und wieder mal Treffen an der Feuertonne mit Glühwein abzuhalten. Aber das Gefühl auf Partys zu gehen und mal wieder woanders als im eigenen Wohnzimmer zu tanzen, fehlte schon.

Arbeitstechnisch fühlte ich mich so wohl im Home Office, dass ich eigentlich gar nicht mehr in meinen Job wie ich ihn kannte zurück wollte.
Als Ende Juni die Home Office Pflicht endete, hatte ich arge Probleme mich vor Ort in der Bibliothek zurecht zu finden. Es war quasi ein 0 auf 100 Ding.
Ich kämpfte für einen Tag Home Office die Woche. Ich war mutig und legte mich mit der Obrigkeit an. Doch leider vergebens. Einen halben Tag bekam ich…  Es war mir unbegreiflich.
Hat sich doch auch das Arbeitsfeld des Bibliothekars gewandelt. Es geht und ging doch soviel online…
Aber als Angestellte im Service -Bereich ist man eben nicht mehr wert als eine Kassiererin letztendlich.  Das musste ich lernen. Hauptsache Öffnungszeiten gewährleisten und funktionieren.

Nur tat ich das eben nicht mehr so wie vorher.
Ich hatte starke Probleme mit dem ÖPNV zur Arbeit zu fahren. Meine Abneigung gegen andere Menschen war recht groß geworden. Die Geräusche und sei es nur ein häufiges räuspern störten mich massiv. Schon die bloße Anwesenheit von Menschen die mir zu nahe kamen, brachte mich in leichte Panik und Aggression. Man war es auch einfach nicht mehr gewöhnt auf Massen von Menschen zu treffen. Es dauerte eine Weile bis ich darauf klar kam.
All das löste ziemlich viel Stress bei mir aus und damit verbunden einen großen Hashimoto (Hashimoto-Thyreoiditis) – Schub , mit dem ich noch sehr lange zu kämpfen hatte.
Der unter anderem daraus resultierende Haarausfall  (mal wieder…) begleitete mich noch Monate.

Gesundheitlich hatte ich in diesem Jahr mit einigen Dingen zu hadern und rannte zu so vielen Ärzten wie wohl noch nie.  Die letztendliche Erkenntnis war allerdings ernüchternd: Hilf dir selbst! Höre auf dein Bauchgefühl ! Und lass dich nie von der ersten Meinung abspeisen. Trete für dich ein und kämpfe! Eine Mischung aus Schulmedizin und Naturheilkunde halte ich im Übrigen für sehr hilfreich. Unterschiedliche Ansätze verändern die eigene Perspektive. Kosten allerdings viel Zeit und Geld.
Dementsprechend machte ich auch so einige Typveränderungen in diesem Jahr durch.
Musste sich doch meine Frisur immer dem Haarausfall anpassen.

Der wohlverdiente Sommerurlaub im August fiel aufgrund des Wetters leider buchstäblich ins Wasser. Wir fuhren nach Prerow an die Ostsee zum Campingurlaub mit unserem Bus. Hatten aber leider bis auf einen Tag wenig Sonne und zum Ende hin nur Regen. Weswegen wir früher zurück fuhren. Natürlich tat aber die Anwesenheit des Meeres sehr gut. Wenn es auch „nur“ die Ostsee war.

Im September gönnte ich mir mit einer lieben Freundin ein paar Tage Prag.
Wir hatten eine gute Zeit, doch das Wetter war auch hier nicht so auf unserer Seite.

Alles in Allem fehlten Reisen, Sonne und Festivals / Parties; Zusammenkünfte mit lieben Freunden, die einem ein bisschen die Zeit vergessen lassen können. Doch ich konnte viel für mich tun und mir viele Wünsche erfüllen, sowie viel lernen und persönlich wachsen. Dafür bin ich dankbar!

Das Leben fuhr ja im Sommer einige Monate wieder hoch und man konnte als Gimpfter einiges tun. Fast wie früher. Ich war im Berghain, wir konnten das ein oder andere Konzert besuchen und Kultur erleben, sowie den ein oder anderen Besuch in der alten Heimat bei meiner Familie einplanen. Ich bin gern Tante und erfreue mich an dem schnellen Wachstum und lustigen Wesen meines Neffen. Ein paar mal das Tanzbein schwingen und neue Freunde dazu gewinnen, konnten wir in diesem Sommer auch.

Unser Garten -Jahr war ganz erfolgreich. Klar, wir waren nicht so energisch wie im Jahr davor. Hatten aber dennoch eine gute Ernte und haben hier und da was beim renovieren der Hütte geschafft. 
Mein Hobby, das Reiten ist auch Bestandteil der Freizeitgestaltung geblieben.

Alles in Allem ein durchwachsenes Jahr mit vielen Höhen und Tiefen. Es war eine Achterbahn für mich von der ich mich nun in den letzten Tagen des Jahres erholen möchte.

Doch es soll hier auch nicht so sehr nach meckern klingen. Ich bin bisher ganz gut durch diese Zeit gekommen und bin wirklich glücklich und dankbar für meinen Partner und meine Freunde, sowie die Fähigkeit immer wieder schönes zu entdecken und nicht aufzugeben.

Nutzen wir also die freie Zeit zur geistigen und körperlichen Regeneration und stoßen dann schwungvoll die Tür zum Neuen Jahr auf.

Ich wünsche Euch allen besinnliche Feiertage, lasst Euch nicht unterkriegen!



systematische Selbsterkundung nach einem Jahr Pandemie


konstatiere eine milde form von sozialphobie und Misophonie bei mir.

dazu bipolare Züge und Schübe

sinneswahrnehmung + gefühl unterscheiden

zerfaserung der energie

bin ich nur noch zuschauer? trotzdem bin ich dankbar  für diesen relativen frieden , die Ruhe.

unterdessen wächst der darunterliegende schrecken. wie können menschen so sein?
Ich hasse menschen immer mehr.

sehnsucht nach der natur.
im gras liegen , in die wolken starren. Ruhe …

gewöhne ich mich wieder an das normale leben was wir vorher hatten? oder werde ich diesen zurück gezogenen teil nicht mehr los bzw. ist er lebensnotwendig geworden?

Das außen ist verantwortlich für schlechte gedanken und gefühle und Stress in mir.
Wenn ich nur mein Innen habe, ist alles Rein.

Ich bin ein reiner Mensch. mich belastet nichts.
Nur das Leben

Mütend

Ich bin so müde.

Ich bin es müde, die immer gleichen Nörgeleien zu hören und zu lesen.

Ich bin es müde, mir von privilegierten Menschen erzählen zu lassen, wie hart ihr Leben ohne Urlaub, Fitnessstudios, Shopping und Parties ist.

Ich bin es müde, Diskussionen über Masken zu führen, sie zu lesen und an der Supermarktkasse mitzubekommen.

Ich bin es müde, dass das Impfen immer wieder diskutiert werden muss und nicht voran geht.

Ich bin es müde, dass der eigene Wohlstand nicht erkannt wird.

Und ich bin es müde, dass jene Jammermenschen dabei gänzlich ausblenden, dass es ihnen trotz allem immer noch besser geht, als dem Großteil der Weltbevölkerung.

Dass sie mehr besitzen und mehr Möglichkeiten haben, ihre Gesundheit zu bewahren, als ein Großteil der Weltbevölkerung.

Und nein, dabei blende ich keine Existenzen aus, die sich am Abgrund befinden.

Ich ignoriere keineswegs den realen Fakt, dass unzählige Menschen psychisch an ihr Limit kommen.

Auch ist es mir nicht möglich, die absurden, null einheitlichen Beschlüsse der sogenannten Regierung nachzuvollziehen, aber ich bin es müde, satten, Wohlstandsmenschen dabei zuzusehen und zuzuhören, während sie von einem Leid klagen, welches im Grunde keines ist.

Es wird immer wieder die Frage gestellt, was sich wohl „nach der Krise“ ändert.

Ich fürchte, dass sich in den Köpfen derer, die in Wohlstandsländern leben und sich nur um Entertainment, ihren Alltagsluxus und Konsum scheren, wenig ändern wird.

Demut kann man nämlich nicht kaufen.

@FrauKopf

Jahresrückblick 2020

Hättet ihr zu Beginn des Jahres gedacht, was im Jahr 2020 auf euch zukommt? Es fing doch eigentlich ganz gut an…
Doch dann : Die Corona-Krise hat fast alle Bereiche unseres Lebens vollkommen auf den Kopf gestellt – nichts scheint mehr wie es einmal war.

Nach dem erstmaligen Auftreten des Virus in der chinesischen Millionenmetropole Wuhan breitete sich das Virus binnen weniger Wochen erst in den Nachbarländern und dann nahezu über die ganze Welt aus und forderte weit über eine Million Menschenleben.

Neben den gesundheitlichen Aspekten sind auch die wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Folgen gravierend.

So kam die Wirtschaft zeitweise nahezu vollständig zum Erliegen, soziale Kontakte wurden auf ein Minimum beschränkt und auch das kulturelle Leben blieb von den Pandemie-Folgen nicht verschont.

Eine zeitlang schien die Welt stillzustehen. Leere Straßen, leere Büros, Ansprechpartner nicht erreichbar, Geschäfte zu, Ausgangssperren, keine Parties, keine Konzerte, keine Kultur.
Stattdessen: Home Office, Online Videokonferenzen, Zoom meetings mit Freunden … alles plötzlich virtuell oder gar nicht.

Sicher gehöre ich zu den wenigen priveligierten, die die ganze Zeit über volles Gehalt und gute Arbeitsbedingungen hatten und haben.
Ich weiß, dass es bei vielen anders aussieht. Auch bin ich in der glücklichen Lage mit meinem Partner zusammen zu leben und das Ganze nicht alleine überstehen zu müssen oder gar in Angst oder groll leben zu müssen, weil mein Partner sich als Schläger oder sonstwas entpuppt.
Ich habe wirklich Glück! Dafür bin ich sehr dankbar und weiß es zu schätzen!

Corona hat uns die Dinge neu denken gelernt, hat die Prioritäten neu gesetzt.

Was wird bleiben und was unwiderruflich verloren sein? Gerade beim Thema Kultur? Mir macht der Rück- sowie der Ausblick beim Thema Kultur doch ein wenig Angst. Kein gutes oder angenehmes Gefühl!

 Ich bin froh, dass wir im Januar  nach Lanzarote geflogen sind. Denn ab März ging der Wahnsinn los…
Über Pfingsten waren wir zumindest für einen Kurzurlaub in Thüringen Campen. Sowie im Sommer ein paar Wochen im Allgäu mit unserem Bus.
Viele schöne Termine standen in meinem  Kalender für 2020. Ich hatte mir einiges versprochen von dem Jahr. Doch es kam ganz anders.

Viele von uns haben sich verirrt und auch geirrt. Viele von uns haben sich gefunden, und haben einen neuen Weg beschritten. Viele von uns schauen noch, beobachten, warten.
Viele glauben es wäre etwas verloren. Viele trauern. Und der Prozess der Trauer bewältigt jeder Mensch anders. Die einen weinen, die anderen klagen, wieder andere sind wütend und kämpfen gegen die Ungerechtigkeit des Lebens an.

Wo bist du? Wie reagierst du auf Schmerz, auf Verlust, auf radikale Veränderung. Was hat dieses Jahr mit dir gemacht?

Für mich fühlt es sich an, als wären viele von uns gefordert wirklich er-wachsen zu werden. Das bedeutet für mich Verantwortung zu übernehmen. Verantwortung für mich und für die die ich liebe, Verantwortung für die Gesellschaft, in der ich auch in Zukunft leben will.
Das eigene Ego muss noch mehr durchsucht werden. Der eigene Schweinehund überlistet.
Denn gerade wenn man sehr isoliert ist, kann dieser unendlich mächtig werden. Die eigene Wahrnehmung in unseren jeweiligen Blasen erkennen und versuchen Objektiv zu sein.
In Krisenzeiten müssen wir umdenken und uns auf andere unserer Eigenschaften berufen.

Die eigene Erdung ist sicher eine grosse Hilfe um durch diesen Wandel zu wandeln. Um die Wunden die aufbrechen zu versorgen. Um die Wunder zu erkennen, die in diesem Prozess stecken. Es ist nicht alles schlecht! Denn in jedem Anfang wohnt ein Zauber, der uns wachsen lässt.

Wohin hat mich dieses Jahr gebracht? An andere Orte wie ich es mir vorgestellt habe. Das Leben hat mich aufgebrochen.
Vermutlich hätten wir uns ohne Corona keinen Kleingarten zugelegt und diesen mit Hingabe bewirtschaftet.
Vermutlich hätte ich ohne Corona nicht soviel Zeit und Sorgfalt in die Bepflanzung meines Balkons gelegt. Ich habe quasi meinen Grünen Daumen entdeckt.
ich habe in diesem Jahr neben Kräutern und Kapuzzinerkresse, Salat und Tomaten auf dem Balkon angebaut.
Im Garten hatten wir auch eine reichliche Ernte. Ich habe sogar erstmals selber Marmelade eingekocht.
Den ganzen Winter über Tee aus selbst getrockneten Kräutern geniessen ist herrlich!

Desweiteren haben wir wieder eine Samtpfote in unser Heim einziehen lassen. Lily benötigte Anfangs auch sehr viel Zuwendung. Es war nicht immer leicht mit ihr. Auch hier war es gut, dass wir wegen Corona so viel zu Hause sind.
Sie ist das kuscheligste Katzentier was man sich vorstellen kann.
Ihre Zuneigung hilft in trüben Momenten sehr.

Auch wenn Georgien nicht geklappt hat, bin ich doch einem Reitverein beigetreten und auch im Allgäu geritten. Pferde geben mir sehr viel. Wenn ich auch mit Reitlehrern und Menschen so meine Probleme habe.

Diese Zeit ist wahrlich ein Lehrer und wir sind die Schüler… und es zeigt sich, was wir gelernt haben. Welcher Linie wir gefolgt sind und ob wir es weiter tun, oder abbrechen… uns verlieren, radikalisieren oder neu erobern.

Dies ist der Wandel, von dem wir alle immer geredet haben, den wir uns erhofft haben und jetzt wo er da ist wird er zerfetzt. Doch ich finde wir sollten ihn nutzen. Das Gute darin sehen. Versuchen positiv zu bleiben und die viele Zeit die wir quasi geschenkt bekommen für unsere eigene Transformation nutzen.

***
Ich weiß, dass ist leicht gesagt. Es gibt so viel was einen dieser Tage zu schaffen macht. Denn aktuell befinden wir uns ja wieder im Lockdown.
Das diesjährige Weihnachtsfest hat nicht viel von Besinnlichkeit, denn der Ausblick auf das neue Jahr hat schon jetzt einen bitteren Beigeschmack.

Der angekündigte Impfstoff wird kein Allheilmittel sein.
Die extreme Armut nimmt zu. An den Börsen brechen die Kurse ein, der Ölpreis stürzt ab…
Fragen machen sich breit, wie z.b.:

– kommt der weltweite Konjunktureinbruch?
–  schreitet die Inflation voran?
– ist mein erspartes sicher oder bald nichts mehr wert?
– werden wir je zu einer Eigentumswohnung kommen?
– durch Klimaveränderungen gewinnen Zoonosen immer mehr die Oberhand, ist Corona nur der Anfang?

Die Umwelt und die Tierwelt leiden, damit wir uns für zwei Euro pro Kilogramm jeden Tag im Supermarkt Fleisch ohne Ende kaufen können, damit wir die neueste Mode tragen können, damit wir günstig tanken, möglichst preiswert und trotzdem bequem leben können. Dafür wird anderswo rücksichtslos Regenwald abgeholzt, Wildtieren der Lebensraum genommen, während Masttiere auf engstem Raum gehalten werden.

Das alles steigert über verschiedenste Wege eine bestimmte Wahrscheinlichkeit: Nämlich die, dass zukünftig weitere Krankheitserreger vom Tier auf den Menschen überspringen. Solche Zoonosen gibt es schon ewig – und es wird sie in Zukunft wohl häufiger geben.

***
Trotz allem wünsche ich uns  möglichst erholsame Feiertage. Lasst Euch nicht unterkriegen. Macht das Beste draus! Vor allen Dingen aber wünsche ich uns allen Gesundheit. Was für ein hohes Gut das ist, wird uns gerade sehr deutlich vor Augen geführt.

Jugendfeindlichkeit

In der Corona-Krise setzt sich gerade genau das fort, was zuvor schon begonnen hatte. Wenn sich Generation Z ums Klima und ihre Zukunft sorgt, dann wird sie von wütenden Altmännermobs im Netz verspottet. Wenn sie sich in Parteien engagiert, wird sie nicht ernst genommen.
Wenn sie sich, wie etwa in den USA, für härtere Waffengesetze stark macht, um nicht in der Schule erschossen zu werden, wird sie mit abstrusen Argumenten überschüttet. Und wenn sie sich darüber Sorgen macht, dass ihr eine Pandemie gerade ihre Jugend raubt, dann ist das für den Mob nicht mehr als ein lächerliches „First-World-Problem“. Diese Jugendfeindlichkeit ist eklig.

Fest steht: Die Jugend ist gerade einer der größten Verlierer der Krise. Ihre Treffpunkte, etwa Clubs, Diskotheken und Festivals waren die Ersten, die im Frühjahr abgeschafft wurden.
Und sie werden wohl die Letzten sein, die nach der Pandemie wieder öffnen – wann immer das sein wird.

Corona-Schwurbler ernst nehmen – die Jugend nicht.

Der Generation Z läuft unterdessen die Zeit davon. Man ist nur einmal jung. Die sorglosen letzten Jahre vor dem Erwachsenenleben, die frühere Generationen noch erleben durften – all das bleibt ihr verwehrt. Und dass sich die Problematik so schnell ändern wird, daran glaubt ja selbst der größte Optimist nicht mehr.

In Klassenräumen frieren sich Schülerinnen und Schüler von nun an den Hintern ab – weil man es über den Sommer offenbar nicht geschafft hat, vernünftige Alternativkonzepte zu schaffen. Als 16-Jähriger würde ich mir auch verarscht vorkommen.

Aber klar, „First-World-Problems“. Erinnert ihr  Euch? Wochen-, ja, monatelang wurde über Corona-Leugner auf den Straßen dieses Landes berichtet. Von einem „First World Problem“ sprach hier erstaunlicherweise niemand.

Kaum gesprochen wird hingegen über diejenigen, die nicht so laut sind wie der Mob. Diejenigen, die noch ihr ganzes Leben vor sich haben,
und die – abgesehen von einer lächerlichen Maske – noch ganz andere Probleme haben. Dass junge Menschen sozialen Aktivitäten nachgehen möchten, wird als Schwäche dargestellt. Bricht das Sozialleben weg, dann ist das irgend so ein jugendlicher Quatsch. Dabei ist gerade das für junge Menschen enorm wichtig.
„Dieser Moment des Sich-Fallenlassens, einfach den Stress wegtanzen, den Alltag vergessen: Das fehlt doch sehr.“

Wir können an dieser Stelle nicht leugnen, dass natürlich auch die Partygänger gerade einen Teil dazu beitragen, dass die Corona-Infektionszahlen wieder in die Höhe steigen.
Wir lesen von illegalen Rave-Partys, von unerlaubten Massenveranstaltungen , von Saufabenden ohne Abstand. Vielleicht liegt das aber auch daran, dass es einfach keine angemessenen Alternativen gibt.

Vielleicht lesen wir auch nur, was wir lesen wollen. Es braucht schließlich immer einen Sündenbock – es wäre nicht das erste Mal in dieser Pandemie. Laut dem Soziologen Corsten bewegen sich die Zahlen bei den Neuinfektionen inzwischen auf das Durchschnittsalter der Bevölkerung von 44,5 Jahren zu. Im Klartext: In den vergangenen Wochen haben sich vor allem Teile der älteren Bevölkerung infiziert, und nicht mehr jüngere Leute wie etwa in den späten Sommermonaten. Die Lage könne laut dem Soziologen „nicht mehr vollständig mit dem Partyfeiern erklärt werden“.

Bei Interviews, die er für seine aktuelle Studie mit Jugendlichen und jungen Erwachsenen geführt hat, habe er zudem häufig Rücksichtnahme, eine soziale Perspektive und das Hineindenken in andere festgestellt, sagt Corsten: „Wir können nicht beobachten, dass Jugendliche antisozial denken.“ Für den ein oder anderen Corona-Schwurbler auf den Straßen und Pöbler im Internet dürfte die Beurteilung vermutlich anders ausfallen.

Denkt nach und bleibt gesund!

Schwurbler , Nazis und Verschwörungen – Willkommen in der Mythenwelt

Corona hat eine Menge schräger Mythen hervorgebracht. Mitunter ist der Schwachsinn, der im Internet kursiert, so hanebüchen, dass der Begriff „Verschwörungstheorie“ zu viel der Ehre wäre.
Verschwörungserzählungen sind frei von Belegen, dafür hantieren ihre Erfinder mit haltlosen Unterstellungen. Sie wiegeln auf und schüren Existenzängste. Es wird
teilweise unbewusst, rechtes und rechtsoffenes Gedankengut verbreitet.
Doch auch für jene, die auf der anderen Seite stehen, ist das alles mittlerweile mehr als gruselig.
Als ob eine Pandemie ansich nicht schon schlimm wäre, muss man sich nun auch noch mit solchen Idioten befassen.

Allem Vorran: die Nazis
Kann und sollte man mit Nazis reden? Kann man Ihnen andere Überzeugungen nahe legen? – Nein!
Gespräche sind zwecklos. Die wollen nämlich nur Aufmerksamkeit und keinen Echten Dialog.

Denn die schöne Vorstellung, die dieser Forderung nach Dialog zugrunde liegt, ist die eines Gesprächs zwischen zwei grundsätzlich für den Austausch von rationalen Argumenten offenen Personen, die sich gerne vom Gegenüber überzeugen lassen, wenn er oder sie die besseren Argumente mitbringt. Nicht erst seit Donald Trump wissen wir, dass der Kommunikationsstil
der Neuen Rechten gerade nicht dialogisch ist. Stattdessen fährt sie eine Strategie der Verlautbarungen, der Reichweite und der Aufmerksamkeit. Und zwar um jeden Preis, auch den der Wahrheit.
Es wird mit den Ängsten der Menschen gespielt. Ihre Existenzangst instrumentalisiert.

Wer profitiert davon, dass es in Deutschland als Tugend gilt, das Gespräch mit ganz Rechts zu suchen? Es sind die ganz Rechten, die es dadurch immer wieder schaffen, den Dialog an sich zu reißen und die eigentlichen Themen – Integration, Rechtsterror, Demokratiefeindlichkeit – zu kapern und umzudeuten.
Und häufig schafft es die Gesellschaft nicht einmal, zu benennen, was sie tut:  So sitzen keine »Neonazis« in Polittalkshows, sondern »Europakritiker«, »Volksschützer«, »Asylgegner«.
Sie haben halt ein Problem mit Flüchtlingen, der LGBTQ-Community, Juden, Muslimen, Schwarzen. Und mit Abtreibung. Denn sie alle lieben Föten.

Zweitens liegt der Forderung das Gespräch zu suchen, und damit toleranter gegenüber Ideen der Neuen Rechten zu sein, ein merkwürdiger Begriff von Toleranz zugrunde.
Wenn es einen Text gibt, den man angesichts der aktuellen Diskussion dringend wieder lesen müsste, ist es Herbert Marcuses Aufsatz über „repressive Toleranz“.
In dem Text aus dem Jahr 1965 argumentiert Marcuse, dass Toleranz gerade nicht darin besteht, in letzter Instanz auch Intoleranz zu akzeptieren. Toleranz wird in dem Moment,
in dem man das tut, repressiv, weil sie dann – statt Freiheit, Offenheit und Emanzipation zu fördern – Intoleranz als Deckmantel dient.

Die Idee, dass eine tolerante Gesellschaft auch Intoleranz aushalten müsse, ist für Marcuse die deutlichste Artikulation von repressiver Toleranz.

Marcuse zeigt, dass wahre Toleranz parteiisch sein müsse – der Intoleranz gegenüber. Das heißt nicht, dass wir uns Rassismus oder Sexismus einfach weg wünschen können.
Aber wir dürfen rassistische und sexistische Positionen nicht auf einer Ebene mit anderen Positionen verhandeln.
Wir tun dann so, als wäre die Gleichheit von Menschen eine Frage der Meinung und nicht Voraussetzung des demokratischen Gesprächs.

Fakt ist, es gibt einen Rechtsruck in unserer Gesellschaft. Den man mit Vorsicht betrachten sollte.
Mit dem Ergebnis, dass es da nichts zu diskutieren gibt, aber viel, wogegen man kämpfen und einiges, dem man sich verweigern sollte.

 

die Schwurbler

Manchmal komme ich mir vor wie im Leben des Brian (Monty Python’s Life of Brian) , wo jeder selbsternannte Prophet im Kostüm eines Esotherikers oder Heilpraktikers daher kommt
und den Menschen einem vom Pferd erzählt.
Ebenso gibt es die Volksfront von Judäa und die judäische Volksfront –  dies soll Streit und Spaltungen in der Regierung darstellen und die Zerissenheit innerhalb des Ganzen wiederspiegeln.

Klar, das viele Menschen da leichtgläubig sind und falschen Propheten folgen. Ganz vorran Attila Hildmann.

Nachdem der Berliner Kochbuchautor  verkündete, bewaffnet in den Untergrund zu ziehen und dort notfalls eine Armee aufzubauen, spekuliert er nun über Chemtrails, Aliens und groß angelegte Monster-Erweckungsrituale.

Hildmann behauptet, er werde gegenwärtig von Geheimdiensten und Tempelrittern observiert. Und er setzt seine Anhänger über einen bevorstehenden Karrieresprung in Kenntnis:
„Ich bin hier bald der neue Staatschef.“ Er sei geboren, um in dieser Zeit das Schlimmste zu verhindern.

Attila Hildmanns Eigendemontage ist schlimm anzusehen, die Kombination aus Selbstüberschätzung und Realitätsverlust dank seines Geltungsdrangs penibel im Internet dokumentiert.
Da überrascht nicht, wenn Hildmann gleich den nächsten Unsinn auftischt, zum Beispiel den Verdacht, das Berliner Trinkwasser sei vergiftet, um die Bevölkerung ruhig zu stellen.

Umso mehr irritiert es, wenn man mit einem Mal Verschwörungstheorien von Personen hört, denen man das nie zugetraut hätte: von Verwandten, Bekannten, Freunden, Kollegen.
Menschen, die man bisher für vernünftige, aufgeklärte Demokraten hielt.
Und plötzlich schicken sie über Whatsapp angebliche „Beweise“, wonach ein Coronavirus gar nicht existiere. Dass alle Abstandsregeln bloß Panikmache seien und dahinter ein teuflischer Plan geheimer Mächte stecke.

Was darauf antworten? Ist diesen Menschen, auf einer Eskalationsstufe zwischen eins und Attila Hildmann, noch zu helfen? Sollte man Sie als Irre abtun oder lauert da eine echte Gefahr ,
wenn man die Masse dieser Leute betrachtet?

Am Anfang der Pandemie explodierte die Nachfrage nach verlässlichen, von etablierten Institutionen geprüften Nachrichten. Die „Tagesschau“ erreichte 17 Millionen Zuschauer, das entsprach einem Marktanteil von fast 60 Prozent.

Doch je länger der Kampf gegen die Pandemie dauert, je beschwerlicher er scheint und in je weitere Ferne sein Ende rückt, desto attraktiver werden einfache Antworten und klare Schuldige.
Eben zum Beispiel: Das Virus existiert gar nicht, alle Sicherheitsregeln sind überflüssig, geheime Mächte stecken dahinter. Das ist nah am Wunsch, eine Hexe zu verbrennen, weil die Ernte schlecht war, oder einen Juden aus der Stadt zu jagen, weil der eh schon immer an allem schuld war.

Ja sind wir denn im Mittelalter? Habt ihr denn nichts gelernt? Ich kann da nur den Kopf schütteln.

Verschwörungsgläubige verdienen kein Mitleid, sondern entschiedene Ablehnung.

An eine Seite wird in der Debatte, wie mit Verschwörungsgläubigen am besten umzugehen ist, praktisch überhaupt nicht gedacht: diejenigen, die sich den ganzen Quatsch anhören müssen.
Die Coronakrise belastet alle, jeder hat ein Päckchen zu tragen. Woher kommt die Erwartung, dass Vernünftige dann auch noch Toleranz gegenüber den Unvernünftigen zeigen sollen –
und auf eine saudumme Wortmeldung, die in Wahrheit eine Belästigung darstellt, mit Geduld und Feingefühl reagieren?

Es gibt keine moralische Verpflichtung, sich das anzuhören. Es ist erlaubt, Verschwörungsgläubige abzukanzeln, sogar auszulachen, ihnen auch zu entgegnen: „Erzähl das der Parkuhr, Onkel!“ oder einfach „Geh weg!“ Meinungsfreiheit bedeutet, dass man fast alles behaupten darf. Es bedeutet nicht, dass sich jemand den Mist anhören muss.

Ohnehin wäre es Zeitverschwendung, einen Verschwörungstheoretiker von der Unsinnigkeit seiner Behauptungen überzeugen zu wollen. Zunächst einmal ist es schlicht unmöglich,
den Beweis zu erbringen, dass eine Verschwörung nicht existiert. Man kann ja auch nicht beweisen, dass es den Weihnachtsmann nicht gibt. Er könnte sich, theoretisch, tatsächlich irgendwo auf der Welt verstecken. Solange nicht jeder Quadratmeter Erdoberfläche überwacht wird, können wir es nicht hundertprozentig wissen – und selbst dann könnte der Kerl in einer Höhle im Erdinneren oder in den Wolken oder unter einem Unsichtbarkeitsmantel ausharren.
Wir können lediglich eine überwältigende Fülle an Indizien zusammentragen, die zeigen, wie unwahrscheinlich die Existenz des Weihnachtsmanns ist.

Verschwörungstheoretiker sind verdammt gut darin, über Logikfehler hinwegzusehen. Bei ihnen kann Angela Merkel gleichzeitig Jüdin, Roboter und außerirdisches Echsenwesen sein.
Alles ist möglich, solange man für das, was man fünf Minuten vorher behauptet hat, keine Verantwortung übernimmt.

Das alles klingt so furchtbar abstrakt. Als wären wir alle in der Truman Show und da oben sitzt jemand und lacht über uns.
Aber Leute, das ist Realität. Das ist unser Jetzt!
Die Zukunft ist gerade dunkler als je zuvor.